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Prof. Dr. Predrag Dragutinovic
Faculty of Orthodox Theology
University of Beograd
Mije Kovacevi?a 11b
11060 Beograd
Serbia
In der zweiten H?lfte des 20. Jahrhunderts tauchte im Rahmen des vielf?ltigen interkonfessionellen Austauschs zwischen dem Westen und dem Osten das Konzept einer orthodoxen Hermeneutik oder orthodoxen Exegese der Bibel auf. bwinÓéÀÖ_bwinÓéÀÖ¹ÙÍø»¶ÓÄú@es Konzept wollte mit der Bibelwissenschaft im Westen ins Gespr?ch kommen und gleichzeitig eigene hermeneutische Ans?tze vorstellen und vertreten. Im Blick auf Entwicklungen im Westen hat man in der orthodoxen Exegese meist eine Relativierung, Ablehnung oder Ignorierung der historisch-kritischen Methode hervorgehoben, den Rationalismus und Akademismus der westlichen Exegese kritisiert und demgegen¨¹ber die kirchliche Dimension der orthodoxen Hermeneutik stark betont, die sich der Hermeneutik der Kirchenv?ter der christliche Sp?tantike verpflichtet wei?. bwinÓéÀÖ_bwinÓéÀÖ¹ÙÍø»¶ÓÄú@e allgemeinen Punkte versuche ich in meiner Forschung kritisch aufzunehmen und weiter zu reflektieren.
Die Pastoralbriefe lese ich als ein merkw¨¹rdiges St¨¹ck der Geschichte der christlichen Theologie. F¨¹r den heutigen Leser sowie den Leser, der ?die Mitte der Schrift¡° eher anderswo im Neuen Testament sieht, werfen die Pastoralbriefe viele Fragen auf. Ein Autor der pseudonym, also versteckt, schreibt, von Ferne durch einen Vermittler Auftr?ge mittteilt, autoritativ und nicht dialogisch auftritt, Frauen- und Andersdenkenden gegen¨¹ber feindlich gesinnt ist, streng hierarchisch denkt, zum Opportunismus gegen¨¹ber dem Staat aufruft, eine starke Institutionalisierung f?rdert, seine Feinde mit Namen nennt (wenn auch fiktiv) und damit der Verachtung der Gemeinde liefert, k?nnte vielen Lesern nicht gerade sympathisch vorkommen. Die Briefe sollen vorerst f¨¹r sich analysiert werden, ohne dass man die die ?u?eren Kriterien formuliert, an denen die gemessen werden. Offenbar denkt der Autor der Pastoralbriefe, dass das ?berleben der Kirche m?glich ist, wenn sie in die umgebende Gesellschaft integriert ist, indem sie die Grundwerte dieser Gesellschaft bejaht und ¨¹bernimmt; wenn sie ihre Identit?t an die apostolische Autorit?t des Paulus bindet und kompromisslos gegen die ?falsche Lehre¡° k?mpft.
F¨¹r die orthodoxe Theologie und Bibelauslegung ist die Mystik bzw. mystische Erfahrung etwas Grundlegendes. In diesem Kontext interessiert mich, inwieweit mystische Elemente bei Paulus zu finden sind. Paulus war ein Mystiker, indem er gewiss bestimmte religi?se Erfahrungen hatte, die man nicht mitteilen kann, die dem menschlichen Versand entgehen, aber diese hat er nie als konstitutiv f¨¹r die christliche Identit?t betrachtet. Seine fr¨¹hchristliche Gemeinden waren auch ?mystische Gemeinden¡°, weil sie der Ort des Geschehens der religi?sen Erfahrungen waren, die allt?glichen Erfahrungen entspringen. Aber auch f¨¹r sie, oder nach dem paulinischen Verst?ndnis der Christusgemeinde, waren diese Erfahrungen kein Zeichen daf¨¹r, dass sie zu Christus geh?ren. Bestimmend f¨¹r die christliche Identit?t sind Glaube und Liebe, die von mystischen Erfahrungen wohl begleitet werden k?nnen, aber nicht m¨¹ssen.
J¨¹ngst habe ich die Serbisch-Slavische Apokrypha als Forschungsfeld in Betracht gezogen. Die gottesdienstliche Praxis und die Manuskriptsammlungen dieser Texte bezeugen, dass die biblischen Apokrypha meist als der Rest der kirchlichen Literatur betrachtet wurden. Sie wurden als allgemein akzeptierte Auslegungen der Heiligen Schriften betrachtet und angewendet, die einen anderen ?Status¡° als diese hatten - die Art und Weise des Kopierens beweist dies deutlich (zahlreiche redaktionelle Erg?nzungen, Abk¨¹rzungen und Umordnungen). Sie wurden jedoch nicht als ?apokryph¡° im Sinne von ?versteckt¡° oder ?verboten¡° betrachtet. Sie wurden auch nicht als ?pseudo-epigraphisch¡° angesehen. bwinÓéÀÖ_bwinÓéÀÖ¹ÙÍø»¶ÓÄú@ ist eine ¨¹bliche Fehlvermutung, wenn man ¨¹ber Apokryphen spricht, was ein Ergebnis des irref¨¹hrenden Begriffs selbst sein kann. Ihre Verankerung in einer Reihe von Gottesdienstb¨¹chern und ihre Verwendung in der ?ffentlichen Lekt¨¹re kann dies beweisen. Sie wurden auch nicht einfach als nichtkanonische, sondern als Literatur ?jenseits des Kanons¡° betrachtet. Sie waren keine Untergrundliteratur und keine subkulturelle Literatur, obwohl dieses Bild oft mit ihnen verbunden ist. Das ist der Grund, warum sie vernachl?ssigt und sogar aus der allgemeinen Darstellung der serbischen Kultur, Kirchengeschichte und Geschichte der serbischen mittelalterlichen Literatur ausgeschlossen werden. Die zuk¨¹nftigen Untersuchungen, die die mittelalterlichen Apokrypha als den wichtigen Teil der Geistesgeschichte behandeln sollten, k?nnten dieses Bild ver?ndern und beginnen, diese faszinierenden Texte als integralen Bestandteil der christlichen Identit?t im Mittelalter zu betrachten.