Dem japanischen Physiker und Glaziologen Ukichiro Nakaya (1900-1962) gelang es erstmals am 12. M?rz 1936, künstlichen Schnee unter Laborbedingungen herzustellen. Seine Liebe zum Schnee stellte sich eher zuf?llig ein: Eigentlich erhielt der Kernphysiker Nakaya eine Professur an der Universit?t Hokkaido, jedoch der Mangel an Ausstattung und der Reichtum an Schnee lie?en ihn ein neues Forschungsobjekt finden: Schnee.
Erst durch die labortechnischen M?glichkeiten, Wachstumsbedingungen für Schneekristalle gezielt zu steuern, konnte Nakaya die Morphologie der Kristalle in Abh?ngigkeit von zwei Faktoren beschreiben. Durch die Beeinflussung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit (in diesem Fall eine ?bers?ttigung, damit der Wasserdampf direkt in die feste Form übergehen kann) konnte er verschiedene Ausbildungen in Form eines Diagramms darstellen, des sog. Nakaya-Diagramms. Es verlangte dem japanischen Wissenschaftler einige Experimentierfreude ab, einen geeigneten Kristallisationskeim zu finden: Zuerst lie? Nakaya den künstlichen Schnee an einer Leine aus einem Baumwollfaden wachsen, dann aus einem Wollfaden, bis sich schlie?lich ein winziges Stück Kaninchenhaar als geeignetes Initium für die Kristallbildung erwies.
Nakaya stellte fest, dass bei niedriger Luftfeuchtigkeit und niedrigen Temperaturen flache Pl?ttchen entstehen, w?hrend bei zunehmender Temperatur hexagonale Prismen wachsen. In dem ?mittleren“ Temperaturbereich zwischen -10 und -20 Grad Celsius entstehen bei geringer Luftfeuchtigkeit dickere Pl?ttchen, bei etwas mehr Luftfeuchtigkeit dünnere Pl?ttchen und schlie?lich bei hoher Luftfeuchtigkeit dendritische Sterne, deren Verzweigungsfreude an den Armen mit der Luftfeuchtigkeit zunimmt. Zwischen -5 und -10 Grad lassen sich bei geringer Luftfeuchte hexagonale solide Prismen erzeugen, die sich bei steigender Luftfeuchtigkeit zu hohlen S?ulen und schlie?lich langen Nadeln ausformen. Bei hoher Temperatur zwischen 0 und -5 Grad bilden sich mit zunehmender Luftfeuchtigkeit zuerst dicke Pl?ttchen, dann flache und endlich Dendriten.
Durch die Erkenntnisse Nakayas lassen sich anhand der ?u?eren Gestalt der Schneekristalle deren Entstehungsbedingungen ablesen. Nakaya nannte daher die Schneekristalle ?Briefe aus dem Himmel“.
Mit diesem Wissen war es Nakaya m?glich, die morphologische Vielfalt der Schneekristalle in einer Systematik mit 40 Grundformen und Unterarten zu ordnen. Stark von Wilson Bentley beeinflusst, fertigte er über 3.000 Fotografien an. Erst 1954 publizierte Nakaya seine aufsehenerregende Entdeckung.
Sp?ter verlegte sich Nakaya wissenschaftlich auf den Bereich der Glaziologie. Auf dem Campus der Hokkaido Universit?t wurde zu seinen Ehren ein hexagonales Steinmonument aufgestellt. Seine Laborausstattung wird in dem Institute for Low Temperature Science aufbewahrt.