?Wei?e Pracht“, ?Wei?er Winterzauber“, ?Schneewei?chen“… und schlie?lich ?wei?e Weihnachten“:? Die visuelle Wahrnehmung? des Schnees ist in unserer Sprache gemeinhin mit ?wei?“ belegt. Abweichungen werden in Literatur und Kunst bewusst gesetzt, wenn z. B. in Adalbert Stifters ?Bergkrystall“ dem Schnee eine bedrohliche, farblich wechselnde Qualit?t verleiht oder wie George Simenons Krimi ?Der Schnee war schmutzig“ verr?t, dass es hier um kriminelles Milieu und den Bruch mit der bürgerlichen Ordnung geht. Zudem kann das an sich passive Element ein Leuchten und Glitzern in allen Farbnuancen wie in Orhan Pamuks Roman ?Schnee“ aktivieren.
Eine neue Dimension der Wahrnehmung erschlossen die impressionistischen Maler durch eine kr?ftige Polychromie, die dem Naturph?nomen eine subjektive Deutung aufzwingen. Die Farben des Schnees werden zu Bedeutungstr?gern von Stimmungen, kulturellen Codierungen und ?sthetischen Entwürfen. Das Niederschlagsph?nomen l?sst auch noch Anfang des 20. Jahrhunderts die Grenze zwischen vermeintlich nüchterner Disziplin und modernem Lebensgefühl verschwimmen, wenn der Schweizer Physiker Paul Gruner 1905 eine detaillierte Untersuchung über die Chromatizit?t des Alpenglühens vorlegt.
So unterschiedlich die sinnliche Rezeption des Schnees in Literatur und Kunst ausf?llt, so lassen sich die Konnotationen, die das Verh?ltnis des Menschen zu seiner Umwelt durch das Medium Schnee beschreiben, nur ansatzweise durch eine Fülle an Deutungsm?glichkeiten fassen: Ruhe, Friede, Unschuld, makellose Sch?nheit, Jungfr?ulichkeit, Unversehrtheit, Weiblichkeit, Eisesk?lte des Todes, Daseinsmetapher, menschliche Ohnmacht, das Erhabene, Einsamkeit, Unerreichbarkeit, Reinkarnation in Form des sich Aufl?sens (Schmelzens) und Wiedergeborenwerdens in anderer Gestalt, egalisierende Kraft, die Aufl?sung des Selbst in einer Gleichf?rmigkeit, Leichentuch der Natur, Entfremdung der Realit?t, faszinierendes Glitzern einer Zauberwelt, Einswerden mit der Umwelt, Gegenentwurf zu der industriellen Planbarkeit und Ordnung, Aufhebung der menschlichen Machbarkeit, Chiffre einer stadt- und gesellschaftsfernen Sph?re und schlie?lich als zu überwindendes Medium im Sinne einer grenzüberschreitenden Behauptung. Es g?be noch viel mehr zu den Bedeutungsebenen des Schnees in der Literatur anführen, die ?hnlich den Schneekristallen in Nuancen und morphologischer Vielfalt unbegrenzte M?glichkeiten er?ffnen.
So muss der Literatur- wie der Naturwissenschaftler an einer abschlie?enden Beschreibung dieses Niederschlagph?nomens scheitern. Daher wollen wir Ihnen die farbigen Seiten des Schnees Ihrer eigenen Vorstellungskraft und Interpretation in Form einer kleinen Schm?kerliste für die Feiertage anheimstellen ...
Wir wünschen Ihnen ein nivales Lesevergnügen!