Isolierte Defekte des Gelenkknorpels am Kniegelenk entstehen durch Unf?lle oder Ver?nderungen, welche die Umgebung der gesch?digten Knorpeloberfl?che intakt lassen. Betroffen sind oft jüngere, sportlich aktive Menschen. Die k?rpereigenen Reparaturmechanismen am Gelenkknorpel sind stark limitiert und führen zumeist zu einem unbefriedigenden Ergebnis mit schmerzhaften Reizzust?nden sowie einem Verlust der Bewegungs- und Belastungsf?higkeit des Gelenkes.
Abb.: Arthroskopisches Bild eines Kniescheibenknorpeldefektes
Die daraus resultierende sog. Arthrose-Krankheit schreitet über Jahre mit vorübergehenden Episoden bezw. trotz scheinbarem Stillstand unweigerlich fort. Das Spektrum sowohl konservativer als auch operativer Behandlungsm?glichkeiten bei Arthrose ist auch in der modernen Medizin begrenzt. Durch die bisherigen Therapieverfahren (Knorpelgl?ttung, Anbohrung o.?.) konnte lediglich die Ausbildung eines faserknorpeligen Ersatzgewebes angeregt werden.
Die Matrixgestützte Autologe Chondrocyten-Transplantation (M-ACT) stellt ein modernes Verfahren des Tissue-engineering in der Orthop?die dar, das eine Gelenkknorpelregeneration mit orignalem hyalinen Knorpelgewebe erm?glicht. Gesunde Knorpelzellen werden dafür bei einer Spiegelung aus dem Knie gewonnen, im Labor aufgearbeitet und vermehrt, um dann nach ca. 4 Wochen in den Defekt eingebracht zu werden. Durch die M-ACT l?sst sich ein biologisch vollwertiges Knorpelersatzgewebe erzielen.
Isolierte Knorpeldefekte in bestimmten anatomischen Lokalisationen sind für eine M-ACT geeignet.
Am Kniegelenk geeignet sind isolierte Knorpeldefekte der Oberschenkelrolle (Femurcondylus), der Kniescheibenrückfl?che (Patella) und ihres Gleitlagers (Trochlea). Eine Osteochondrosis dissecans ist in der Regel ebenfalls geeignet, bedarf jedoch eines zus?tzlichen Wiederaufbaus des mitbetroffenen Knochenlagers. Meniskussch?digungen werden gleichzeitig bearbeitet. Ein Riss des vorderen Kreuzbandes ist ebenfalls mittels Ersatzoperation zu versorgen; diese kann in der Regel einzeitig zusammen mit der M-ACT erfolgen.
Die übrigen Gelenke wie Schulter, Hüfte und Grosszehengelenk stellen seltene Ausnahmendikationen für das M-ACT-Verfahren dar.
Grunds?tzlich zu unterscheiden von isolierten Knorpeldefekten sind die alterungsbedingten, fl?chenhaften Verschlei?ver?nderungen des Gelenkknorpels. Ein derartiger allgemeiner Gelenkfl?chenverschlei? (?Arthrose“) ist für das ACT-Verfahren nicht geeignet. Desweiteren ungeeignet sind Knorpelsch?digungen einander gegenüberliegender Gelenkpartner (z.B. Oberschenkelrolle und Schienbeinkopf, Kniescheibe und Gleitlager).
Als Ausschlu?kriterien des ACT-Verfahrens gelten: Ein zu Grunde liegender Gelenkinfekt. Eine entzündliche Grunderkrankung, z.B. chronische Polyarthritis, Rheumatismus. Eine überm??ige Beinachsen-Fehlstellung. Eine Gelenkinstabilit?t. Hochgradige Ver?nderungen der Gelenkphysiologie, z.B. durch einen bereits vollst?ndig entfernten Meniskus. Massives ?bergewicht. Eine Allergie auf tierische Eiweisse. Die Obergrenze des Patientenalters wird bei etwa 45 Lebensjahren angesiedelt.
Trotz dieser strengen Anwendungseinschr?nkung mu? beachtet werden, dass auch mit der Knorpelzelltransplantation - wie in der Medizin generell - ein Behandlungserfolg nicht garantiert werden kann.
Bei geeignetem Befund entnimmt der Operateur w?hrend der Arthroskopie (Gelenkspiegelung) eine Probe von gesundem, hyalinen Gelenkknorpel aus einem wenig belasteten Areal des betroffenenen Gelenkes. Die Knorpelzellen werden in einem Speziallabor unter hochsterilen Bedingungen aus der Gewebeprobe isoliert und weiter kultiviert. Die Knorpelzellen erlangen so ihre Eigenschaft zur Teilung und Produktion knorpelspezifischer Umgebungsbestandteile (Matrix) wieder.
Die vermehrten und aktivierten Knorpelzellen werden anschliessend im Labor auf ein Tr?gervlies (Tr?ger-Matrix) aufgebracht oder in einem Gel aus Hyalurons?ure verteilt. Ein Tr?gervlies besteht z.B. aus tierischen Eiweissen (Kollagen). Nach ca. 4 Wochen steht das Knorpelzellvlies zur Implantation zur Verfügung. Das Gelenk wird nun minimal-invasiv er?ffnet, der Knorpeldefekt bis in das gesunde Umgebungsgewebe ges?ubert und das passgenau zugeschnittene Vlies in den Defekt eingeklebt. Bei einer gelbasierten ACT wird das knorpelzellhaltige Gel in den Defekt eingespritzt. Anschlie?end wird das Gelenk wieder verschlossen.
Knorpeldefekt vor Bearbeitung | Bearbeiteter Knorpeldefekt mit passgenauer Schablone | |
Nach Implantation setzen die Knorpelzellen am Ort des Defektes die Synthese ihrer typischen Umgebungsbestandteile (Matrix) fort. Das Tr?gervlies bzw. Gel aus Fremdeiweiss wird hingegen vom K?rper allm?hlich abgebaut. Der Defekt wird durch ein Gewebe gr??tm?glicher ?hnlichkeit oder Identit?t mit dem Originalknorpel aufgefüllt. | ||
Eingeklebtes Knorpelzellvlies |
Arthroskopisches Bild des gro?en, zerfurchten, ulcus?hnlichen Defektes im Bereich der Lauffl?che der Kondyle
Arthroskopisches Bild des Defektes 40 Monate nach der Transplantation. Es zeigt sich eine glatte Knorpeloberfl?che von identischer Farbe und Kontur wie der nicht betroffene Umgebungsknorpel. Es ist zu einer v?lligen Wiederherstellung k?rpereigenen Knorpels gekommen.
Das Gelenk wird in der Regel nur für einige Tage mit einer Schiene ruhig gestellt. Die weitere Behandlung ist funktionell: Sie umfasst am Knie- und Sprunggelenk neben einer 6-w?chigen Teilbelastung an Gehstützen ein intensives ambulantes physiotherapeutisches Rehabilitationsprogramm über einen Gesamtzeitraum von ca. 4 Monaten begleitet von physikalisch-balneologische Massnahmen (Lymphdrainage, K?lteanwendungen, Elektrostimulation, Aqua-Therapie etc.).
Dynamische Sportarten wie Lauf- und Ballsportarten und Skifahren k?nnen in der Regel 6 Monate nach der ACT wieder betrieben werden. Der Gelenkschutz-Aspekt (?Knieschule“) sollte dabei für den langfristigen Erhalt einer schmerzfreien Gelenkfunktion beachtet werden.
Weltweit sind seit 1987 bisher ca. 40.000 Patienten mit der M-ACT behandelt worden. Die Quote guter und sehr guter klinischer Ergebnisse in verschiedenen Langzeitstudien liegt dabei nach 2 –10 Jahren bei über 90 %.
In unserer Klinik wurden seit 1.7.2000 über 500 Patienten mit dem M-ACT-Verfahren versorgt. Neben der Grundlagenforschung im klinikeigenen Zell-Labor werden durch die Optimierung der Operationstechnik mit speziellem Instrumentarium und der Verwendung biologischer Tr?germaterialien (sog. Matrices) weitere Ressourcen des konventionellen M-ACT-Verfahrens zur Miniaturisierung des Eingriffs und schmerzfreieren schnelleren Rehabilitation erschlossen.
Die M-ACT ist eine vielversprechende, auf modernsten biologischen Techniken basierende Methode zur Behandlung isolierter Knorpeldefekte geeigneter Gelenke. Durch Kooperation von Tissue engineering und moderner Orthop?die erwachsen erstmals neuartige Behandlungskonzepte zur gezielten Gelenkfl?chenrekonstruktion mit biotechnologisch aktiviertem k?rpereigenem Gewebe. Langfristiges ehrgeiziges Ziel ist die biologisch vollwertige Restitution des Gelenkknorpels auch bei degenerativer Sch?digung zur Vermeidung der Arthrosekrankheit.