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Urban Space between the Roman Age and Late Antiquity

Continuity, Discontinuity and Changes

Universit?t Regensburg, 13-14.02.2020

Veranstalterinnen: Arabella Cortese (LMU München/DFG-Graduiertenkolleg 2337 ?Metropolit?t in der Vormoderne“), Giulia Fioratto (DFG-Graduiertenkolleg 2337 ?Metropolit?t in der Vormoderne“), Rubina Raja (Aarhus University/Centre for Urban Network Evolutions ?UrbNet“)

In Zusammenarbeit mit: DFG-Graduiertenkolleg 2337 ?Metropolit?t in der Vormoderne“, Universit?t Regensburg, Aarhus University, Centre for Urban Network Evolutions ?UrbNet“, unterstützt von der Regensburger Universit?tsstiftung Hans Vielberth, der Danish National Research Foundation und dem Historischen Verein für Oberpfalz und Regensburg

Tagungsbericht von Anton-Claudio Sch?fer


Ziel dieses interdisziplin?ren Workshops war, die Elemente von Kontinuit?t, Diskontinuit?t und Ver?nderung innerhalb der St?dte des Mittelmeerraums und ihrer Territorien zwischen der r?mischen Zeit und der Sp?tantike zu analysieren. In dieser ?bergangszeit k?nnen entscheidende Ver?nderungen im st?dtischen Gefüge und dem Umland festgestellt werden, die zu einer Transformation der Stadt, ihrer Geb?ude, der Verwaltung des Landes, der urbanen Topografie und der Wahrnehmung von R?umen geführt haben. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@e Prozesse sind an viele Aspekte des urbanen Raums geknüpft: politische Institutionen, ?konomie, Methoden zur Ausnutzung von Land, religi?sem Kontext und der Gesellschaft. Die Verwandlung von urbanem Raum in verschiedenen mediterranen Gebieten kann durch zwei spezifische Methodologien erforscht werden: die komparative Untersuchung von Schriftquellen und arch?ologischer Daten (Ausgrabungen und Erhebungen) mit dem Ziel, urbanen Raum als Ort des sozialen Austauschs zu rekonstruieren, wie sich die r?umliche Verteilung und die Kapazit?ten von urbanen Gebieten über Zeit entwickelt und inwiefern all diese Faktoren das Wachstum der St?dte beeinflusst haben. Die Organisatorinnen Arabella Cortese, Giulia Fioratto und Rubina Raja hatten die M?glichkeit, in diesem zweit?gigen internationalen Workshop die Kernpunkte des DFG-Graduiertenkollegs 2337 ?Metropolit?t in der Vormoderne“ der Universit?t Regensburg mit denen des Centre for Urban Network Evolutions der Aarhus University zu verbinden. Die Multidisziplinarit?t ihres Ansatzes zeigt sich deutlich anhand der verschiedenen Beitr?ge aus vielen unterschiedlichen Forschungsfeldern.

Giulia FIORATTO (Regensburg) und Arabella CORTESE (München/Regensburg) er?ffneten die Tagung mit Danksagungen und einführenden Worten zu Konzept und Anliegen der Veranstaltung, die wichtige Rolle der Multidisziplinarit?t für das Erreichen der gesteckten Ziele durch das Vergleichen von Problemen aus verschiedenen Perspektiven und dem zentralen Aspekt des ?urban space“. Das Hauptkonzept dahinter ist die Erforschung von St?dten unter all ihren Gesichtspunkten, w?hrend das gemeinsame Ziel darin besteht, die historischen Prozesse, die der urbanen Entwicklung zugrunde liegen, sowohl diachroner als auch r?umlicher Art zu verstehen. Anschlie?end gaben sie einen ?berblick über die Vortr?ge und Moderator*innen des Tages, um schlie?lich das Wort an Prof. Dr. Dirk STEUERNAGEL (Regensburg) zu übergeben.



Die Er?ffnungsrede von Prof. Dr. Dirk STEUERNAGEL lieferte zun?chst einen ?berblick über die Regensburger Stadtgeschichte in der Antike und unterstrich damit, auch dank der N?he des Austragungsortes, des historischen Runtigersaals, zur antiken Porta Praetoria, die gute Kulisse für einen solchen Workshop. Daraufhin gab er Einblicke in die r?mische Stadtforschung und die Rolle und Funktion der St?dte im r?mischen Reich. Ephesos diente hierbei als Beispiel für das Vorgehen der Forschung, sich zuerst auf die gro?en Monumente und sp?ter die Hauptstra?en zu konzentrieren. Dagegen sollten nun die neuen Formen der Untersuchung von St?dten vorgehen, unter anderem durch die Betrachtung der suburbia und das Einbeziehen des Umlands, aber auch durch die genauere Betrachtung des Ausnutzens von Rohstoffen. Das Verh?ltnis von Kultur und Umwelt, St?dten und Siedlungen und der Vernetzung zwischen den St?dten, vor allem durch r?mische H?fen, sollen betrachtet werden.
Anschlie?end kam Prof. Dr. Rubina RAJA (Aarhus) zu Wort, die die Moderation der Vortr?ge des ersten Tages übernahm. Zuerst folgten jedoch Danksagungen, ein Appell an neue methodologische und theoretische Herangehensweisen (urban network evolutions) und eine kurze Vorstellung ihrerseits, die mit Lobsagungen und schlie?lich dem Unterstreichen der Wichtigkeit und dem stetigen Anstreben einer guten Kollegialit?t endete.

Prof. Dr. Birte POULSEN (Aarhus) er?ffnete den Ersten von drei Teilen des Workshops mit einem Vortrag zum antiken Halikarnassos und der Frage nach Z?suren oder Kontinuit?ten nach dem ?goldenen Zeitalter“ der Stadt. Nach einer kurzen Einführung zur hellenistischen Zeit und Beherbergung eines der sieben Weltwunder, der Grabungsgeschichte und warum manche Zeitabschnitte als arm oder eben ?golden“ z?hlen, erkl?rte Birte Poulsen die Wichtigkeit der Schriftquellen für die Erforschung der Stadt, als Beispiel sei hier Vitruvius genannt, der von unz?hligen Monumenten der Stadt berichtet, interessanterweise dabei einige, wie Theater oder Stadtmauer, jedoch au?en vor l?sst. Sp?thellenistische Grabalt?re, von denen über 100 gefunden wurden, zeugen vom Reichtum der Stadt, w?hrend das kaiserzeitliche Halikarnassos augenscheinlich nicht mehr an den Reichtum vergangener Jahrhunderte anknüpfen konnte. Allerdings warten etwa 500 Inschriften, vornehmlich aus iulisch-claudischer Zeit und in Verbindung mit Gladiatoren oder gymnasia, auf ihre Publikation. Neben Mosaik- und Münzfunden stammt jedoch aus der Sp?tantike, genauer aus dem 4.-6. Jahrhundert n. Chr., die beste Fundsituation. Mehrere domus, darunter auch der domus von Charidemos, der in den 1990iger Jahren dank der d?nischen Ausgrabungen Mosaike und Inschriften zu Tage brachte, die Nekropole am Myndos sowie Tor und ?berreste einer Basilika sprechen für sich. Zusammenfassend l?sst sich somit sagen, dass damit wichtiges Wissen über den Wandel der Stadt im Laufe der Zeit gewonnen werden konnte: Viele Monumente waren lange erhalten, sp?tere Gr?ber und private wie christliche Bauwerke kamen hinzu, w?hrend vor allem in den Inschriften ein starkes griechisches Erbe bezeugt ist. Zwar war das kaiserzeitliche Halikarnassos wohl ziemlich arm, die sp?tantike Stadt jedoch mag so wohlhabend wie zu ihrer Blütezeit im 4. Jahrhundert v. Chr. gewesen sein.

Der Vortrag von Dr. Michael BL?MER (Aarhus) besch?ftigte sich mit Doliche und der Stadtentwicklung in Nordsyrien im 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. Eine Zeit des ?bergangs, der politischen Instabilit?t, milit?rischer Bedrohung und ?konomischer Belastung, kann um 300 n. Chr. von einem ?dark age of (north) Syria“ gesprochen werden. Das in der heutigen Südtürkei gelegene, damals jedoch als eines der Zentren des antiken Nordsyrien geltende Doliche, ist vor allem durch die Verbreitung ihres Hauptgottes, Juppiter Dolichenus, im r?mischen Reich bekannt. Aus der Kaiserzeit sind nur einige wenige Münzfunde, etwa zu Commodus, bekannt, für das 4. Jahrhundert hingegen sind Bischofssitz und eine byzantinische Festung allein durch literarische Quellen bezeugt. Erst jüngste Untersuchungen und zwei arch?ologische Ausgrabungen von der Universit?t Münster haben sich 2001 mit einem Hügel nicht weit von Doliche entfernt und 2015 mit der Stadt selbst befasst. Interessanterweise haben die Ausgrabungen eines sp?tantiken christlichen Basilikakomplexes und eines kaiserzeitlichen r?mischen Bades und daneben gelegenen m?glichen Stadtarchivs ergeben, dass sich der Stadtkern nach dessen Zerst?rung wohl Mitte des 3. Jahrhunderts verschoben haben muss. Das Material wurde vermutlich wiederverwendet, eine Neubesiedelung fand aber nicht statt. Zurückzuführen ist das auf die persische Invasion unter Shapur I 253 n. Chr., wie auf der Great Inscription of Shapur I nachzulesen ist. Ende des 4. Jh. n Chr. entstehen neue St?dte auf den Ruinen der von Shapur zerst?rten, die allerdings nie wieder die gleichen wie zuvor waren, entweder durch Bedeutung oder sogar geographisch. Ausnahme bildeten die wenigen sofort wiederaufgebauten St?dte wie Antiochia.

Dr. Emanuele E. INTAGLIATA (Aarhus) berichtete anschlie?end über die Militarisierung der St?dte an der ?stlichen r?mischen Grenze in der Sp?tantike. Dabei bildeten diese einen integralen Teil der Verteidigungslinie und haben die Funktion von Forts übernommen, was bei Neugründungen besonders ersichtlich wird. Als Beispiel nannte er zuerst Palmyra, das in der fruchtbaren antiken syrischen Steppe gelegen ist. Ende des 3., Anfang des 4. Jahrhunderts n. Chr. militarisiert Diokletian das Gebiet und l?sst neue Tore, Türme und die Stadtmauer errichten, baut die Stadt effektiv zu einer Festung um, was in einer symbiotischen Beziehung zwischen milit?rischer und ziviler Einflüsse endet. Im 5. Jahrhundert führt wohl eine Friedensperiode zu einem Verfall, da mehrere Areale verlassen werden und etwa der Hauptaqu?dukt zusammenbricht, ehe es erst im 6. Jahrhundert wieder repariert wurde. In diese Zeit fallen auch schriftliche Bekundungen von anderweitigen Restaurierungen und Neubauten, aber auch von milit?rischer Pr?senz mit Schutzfunktion und Errichtung von nicht weniger als 8 Kirchen. Hier scheint das Milit?r als ?konomischer Motor für die Wiederbelebung der Stadt fungiert zu haben. Als Gegenbeispiel pr?sentierte er unter anderem Petra in Lazica im heutigen Georgien, das eher als Teil eines Grenzlandes als einer tats?chlichen Grenze verstanden werden muss. Auch wenn eine beeindruckende Verteidigungsanlage bestand und gerade Prokop den Handel in der Region sehr abwertend beschreibt, scheint die Stadt, wie etwa auch Rhodopolis, als einer von mehreren Handelsknotenpunkten mit auff?llig hohem Export t?tig gewesen zu sein. Dass St?dte nur für ihre milit?rischen Funktionen gebaut wurden, wird durch ihre gleichzeitige Funktion als Handelszentren revidiert. Viele St?dte wurden zwar dank der milit?rischen Pr?senz ver?ndert und erweitert, es lassen sich dennoch teilweise andere Antriebe in unterschiedlichen St?dten und Gebieten festmachen, beispielsweise fand die Entwicklung symbiotisch mit dem Handel statt.



Den Abendvortrag hielt Prof. Dr. Rubina RAJA (Aarhus) zur Ver?nderung des urbanen Raums mit Blick auf die religi?se Architektur im Nahen Osten. Zuerst pl?dierte sie für den ?high definition approach“, bei dem man durch sehr detaillierte Untersuchungen ein besseres Bild von der Entwicklung einer Stadt erhalten würde. Die von ihr behandelte Region h?tte immer unter gro?em Druck gestanden und habe viele religi?se Traditionen beheimatet, so auch ihr erstes Beispiel Palmyra. Gerade die Frage nach Kontinuit?t oder Diskontinuit?t bleibt ein Streitpunkt in der Erforschung der Region. Gerasa, eine mittelgro?e r?mische Stadt an der Grenze zu Pal?stina gelegen, dient anschlie?end zur Veranschaulichung der eingangs erw?hnten Methodik. Die Ausgrabung vor allem des Nordwestens dient der ?bertragung der detaillierten Untersuchungen auf das Gesamtbild der Stadt und ihres Hinterlands. Wasserkulte dominieren auch noch bis ins 6. Jahrhundert n. Chr. das Stadtbild. Der durch einen Hügel geographisch über den Rest der Stadt erhobene Nordwesten dürfte mit einem Juppiter Heliopolitanus geweihten Heiligtum Gerasa dominiert haben. Dennoch versucht die Untersuchung die urbane Peripherie und das Stadtbild zu untersuchen, weg von den üblichen Monumenten und vor allem der Hauptstra?e. Der Bau eines solch gro?en Heiligtums zeugt auch von einer entweder nicht sehr dichten Besiedelung oder von einer Kontinuit?t eines nicht erwiesenen früheren Tempels. Aus r?mischer Zeit wurden insgesamt über 100 ?geh?rnte Alt?re“ im Artemistempel gefunden, der ein zentraler Wasserkultort gewesen ist. Christliche Weihinschriften zeugen von der Weiterführung der Wasserkulte, wenn auch alte Br?uche mittels dieser ausgetrieben werden sollten. Die Synagogen-Kirche und Keramik Funde deuten auf eine frühe jüdische Gemeinde hin, w?hrend Mosaike und Inschriften sp?ter von der Pr?senz der byzantinischen Armee zeugen. Ein Erdbeben 749 soll Teile zerst?rt haben, was eine islamische Mauersetzung über Teile der Inschriften zur Folge hatte. Dass somit sowohl das Milit?r einen gro?en Einfluss auf die Region ausgeübt haben muss, als auch die religi?sen Ver?nderungen zentral für das Stadtbild gewesen sind, macht es unabdingbar, auch die anderen Zeitr?ume (beispielsweise die mittlere islamische Periode im 9. – 15. Jahrhundert) in Betracht zu ziehen.

Den zweiten Teil des Workshops er?ffnete Dr. Guido FURLAN (Padova) mit seinem Vortrag über die Untersuchung der Effektivit?t des Müllentsorgungsmanagements und den daraus zu ziehenden Rückschlüssen auf die Beurteilung einer Stadt. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@es Forschungsfeld soll neben Bauaktivit?t, Demographie und literarischen Quellen ein weiteres Werkzeug für die Beantwortung der Frage nach dem Wandel im urbanen Umfeld liefern. Vom Transport des Abfalls gibt es kaum arch?ologische Nachweise, allerdings von der verschieden gearteten Hinterlegung umso mehr. So k?nnen Deponien au?erhalb der St?dte und direkt in die Flüsse nachgewiesen werden, aber auch alte, nicht mehr? genutzte Geb?ude ereilte dieses Schicksal. Sein Hauptaugenmerk gilt dabei Aquileia im 4. Jahrhundert n. Chr., dessen Theater beispielsweise in der Mitte des 4. Jahrhunderts genau zu solch einem Zweck genutzt wurde. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@ würde darauf hindeuten, dass die alte organisierte Fortschaffung eventuell nicht mehr funktionierte beziehungsweise stattfand. Abfall und st?dtischer Wandel beziehen sich also aufeinander, denn zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert n. Chr. ver?ndert sich Aquileia, ebenso wie die Müllentsorgung. Zuerst k?nnte die Kanalisation dank klimatischer Ver?nderung und Desinteresse der Eliten verfallen sein, was sich dann auf die überirdische Handhabung ausgewirkt hat und wohl mit sinkenden Bev?lkerungszahlen zusammenhing. Zusammenfassend l?sst sich also festhalten, dass das Thema Müll mit politischen, ?kologischen, demografischen und wirtschaftlichen Trends verbunden ist, was es zu einem leistungsstarken - wenn auch perfektionierbaren - Instrument zur Bewertung des st?dtischen Wandels macht.



Giulia FIORATTO (Regensburg) blieb thematisch mit ihrem Beitrag bei Aquileia, allerdings lag ihr Fokus hierbei auf dem Gebiet au?erhalb der Mauern und der Ver?nderung der suburbia. Als Gründung aus milit?rischen Interessen, entwickelte sich die Stadt zu einem politischen und administrativen Zentrum und vor allem einem zentralen Handelsknoten. Das ausgebaute Stra?ennetz und die N?he der P?sse führten dabei allerdings zu einer entsprechenden Gefahr durch Invasionen, was natürlich auch Einfluss auf die Stadt hatte. Problemtisch bei der Fokussierung aufs suburbium ist dabei, dass zwar die Startpunkte des Untersuchungsgebietes mit den Mauern klar abgesteckt sind, nicht aber die Grenzen, und die literarischen Quellen meist dazu schweigen. Die eher sp?rlichen Beweise führen zu einer eher sporadischen Erforschung, wenngleich das suburbium gerade für das Nachvollziehen von Siedlungsdynamiken sehr gut geeignet ist. Dank der Nekropole kann man von einem auf 4km gesch?tzten Radius ausgehen. Bei genauerer Betrachtung lassen sich mehrere domus und eine generelle Besiedelung im gesamten Gebiet finden, die zwar vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis ins 5. Jahrhundert n. Chr. andauerte, deren Schwerpunkte sich allerdings über die Zeit verschoben. Je nach Himmelsrichtung findet dies unterschiedlich statt, so l?sst sich beispielsweise im Osten schon im 1. Jahrhundert n. Chr. eine Umwandlung der Wohn- in Warenh?user feststellen. Auff?llig ist dabei der Süden, durch den der Fluss Natissa und somit die Anbindung an den Mittelmeerhafen flie?t. Hier fand die dichteste Besiedelung, inklusive eines Tempels und der gr??ten Nekropole der Stadt, statt. Der Westen gilt als Vorreiter dieser Entwicklung, da bereits in republikanischer Zeit ein kulturelles Zentrum au?erhalb der Mauern entsteht, das sp?ter in die Stadt eingegliedert werden sollte. Ende des 3. Jahrhunderts l?sst sich schlie?lich ein Verfall beziehungsweise eine Ver?nderung der suburbia feststellen, die nun vor allem Nekropolen beherbergen. Im 4. Jahrhundert kann man daraufhin von einer Dekonstruktion der klassischen Stadt sprechen, da eine neue Bauphase innerhalb der Mauern beginnt, begleitet von einem ?konomischen Aufschwung und der Wiederherstellung ?lterer Bauten. Im 5. Jahrhundert letztendlich wurden mehrere Gebiete wieder verlassen, w?hrend gleichzeitig direkt vor den Mauern Platz für mehrere Kirchenbauten geschaffen wurde. Somit l?sst sich anhand der suburbia eindeutig feststellen, wie vielen Ver?nderungen Aquileia unterworfen ist, wenngleich nicht alle Fragen nach den Gründen dafür und des tats?chlichen Wohnraums gekl?rt werden k?nnen.


Einen geografischen Sprung unternahm Dr. Christopher Paul DICKENSON (Aarhus), der über ?ffentliche R?ume in gro?en, aber auch kleinen St?dten des antiken Britanniens referierte. Im Fokus stand dabei die radikale Ver?nderung von Stammessiedlungen zu einer r?mischen Urbanisierung, zu der die Briten laut Tacitus erst ermutigt werden mussten und das Milit?r in deren Planung miteinbezogen worden ist. St?dte wurden somit zum Symbol und dem Ausdruck der Romanisation, wenngleich die Provinz mit nur etwa 20 St?dten vergleichsweise sp?rlich urbanisiert worden ist. Auch die St?dte selbst wurden nicht monumentalisiert, nur Theater und Forum beziehungsweise die basilica stachen heraus. Die vertretene These, dass die St?dte kaum ?ffentlich genutzt worden sein und nur für die Eliten, ergibt laut dem Referenten wenig Sinn. Gerade die kommerzielle Funktion wird dabei oft vernachl?ssigt. Au?erdem spricht die Zerst?rung der ?ffentlichen Geb?ude in der Sp?tantike nicht zwingend für einen Verfall, denn neben Neubauten spricht auch eine Umfunktionierung der klassischen ?ffentlichen Geb?ude für eine andere Form der ?ffentlichen Nutzung. Somit n?hern sich die sp?tantiken St?dte eher dem Bild der Kleinst?dte an, die keine oder wenig ?ffentliche Geb?ude besa?en, dennoch wichtige Knotenpunkte für Handel und das t?gliche Leben bildeten. Er pl?diert daher für ein Denken von unten nach oben, womit sich die St?dte den Bedürfnissen der Bewohner in der Sp?tantike anpassen würden.

Dr. Markus L?X (Regensburg) schloss den zweiten Abschnitt schlie?lich mit der Frage von Kontinuit?t und Ver?nderung in Mailands Stadtbild mit dem Vorhandensein respektive dem Fehlen des Kaisers ab. Nach der Einbettung Mailands in einen historischen Rahmen als Residenzstadt mit der auf die Reichskrise folgenden Tetrarchie, skizziert er die wichtigsten Ver?nderungen, die in der Stadt vorgenommen worden sind. Dazu z?hlen die Erweiterung der Stadtmauer, der Bau des sogenannten kaiserlichen Bezirks im Westen, Errichtung von horrea und der monumentalen Herculischen Thermen im Osten. Auch wenn die Mauern und der darin eingebettete Circus nicht stratifizierbar sind, kann man Parallelen zu anderen Bauten ziehen. Die Erweiterung wird auch in den Schriftquellen bei Aurelius Victor in zwei Schritten beschrieben, dem Circus im Westen und der gro?en Erweiterung im Osten. In diesem neu ummauerten Gebiet, das schon vorher als suburbium genutzt worden war, wurden neue luxuri?se domus gebaut, nachdem vermutlich, dank numismatischer Funde nachvollziehbar, Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. im kaiserlichen Bezirk für die seit dem 1. oder 2. Jahrhundert bestehenden domus den Neubauten weichen mussten. Da wenig arch?ologische Beweise existieren, muss man mit Vergleichen zu etwa Aquileia, Konstantinopel oder Trier arbeiten. Interessant wird damit auch die Frage, wer den geschaffenen Platz eingenommen hat, nachdem der Kaiserhof aus der Stadt gezogen ist. Für alle St?dte wurde beschlossen, dass die Pal?ste nicht bewohnt oder genutzt werden sollten. Dass Attila noch Malereien im Palast ?ndern hat lassen sollen, suggeriert ein Weiterbestehen des Geb?udes. Es kann somit auch vermutet werden, dass die Langobarden K?nige im 6. und 7. Jahrhundert w?hrend ihrer Anwesenheit in Mailand diese Infrastruktur genutzt haben k?nnten. Zusammenfassend l?sst sich festhalten, dass mit dem tetrarchischen Einfluss fundamentale Ver?nderungen einhergingen, den einflussreichsten Wandel führte allerdings die Christianisierung des urbanen Raums mit der Errichtung unz?hliger Kirchen mitten in der Stadt herbei.

Der einleitende Vortrag zum letzten Abschnitt des Workshops stammte von Dr. Ann Marie YASIN (Southern California) und befasste sich mit umgewandelter und wiederverwendeter r?mischer Architektur und den zeitlichen Anforderungen für den Wandel der Strukturen. Die Konzepte von ?monumental time“, einer Zeit, in der gesetzliche Strukturen zur Erhaltung und dem Denkmalschutz herrschen und ?social time“, der verk?rperten Zeitlichkeit, in der Orte als Gestaltungsmerkmale pers?nlicher und famili?rer Identit?ten und Anker pers?nlicher Erfahrungen fungieren, sind dabei von zentraler Bedeutung. Dass historische Monumente üblicherweise vom gesellschaftlichen Leben und somit dem t?glichen Leben und Gebrauch getrennt werden, zeigt eindeutig die Ausnahme. Die Referentin zeigte hierfür aktuelle Bilder von syrischen Flüchtlingen, die genau diese historischen R?ume als Unterschlupf auch pers?nlich einrichten und zu einem belebten Ort umformen. Das Hauptaugenmerk des Vortrags liegt jedoch auf dem Blockieren beziehungsweise Verschlie?en von Eing?ngen und der Gegenüberstellung von Ideologie und Pragmatismus. Als Beispiele werden das Hippodrom von Gerasa aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. und die Umayyad Moschee aus Damaskus untersucht. Ersteres war schon Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. nicht mehr für Rennen nutzbar, wurde dennoch weiterhin als gewerbliches Areal für die Herstellung von etwa Keramik oder Leder genutzt, bis im 6. Jahrhundert sogar eine kleine Kirche und Wohnungen erbaut worden sind. Durch die Verschlie?ung der Torb?gen mit Schutt wurde nach einer relativ kurzen Erstnutzung das Geb?ude w?hrend des monumentalen Verfalls noch lange Zeit pragmatisch weitergenutzt. Niemandsland wurde zu gesellschaftlichem Raum umfunktioniert. Die Moschee wiederum hat in ihrer Geschichte schon mehrere Umfunktionierungen erfahren, von einem Tempel des Jupiter Dasmascenus, zu einer theodosianischen Kirche, die im inneren temenos des Heiligtums erbaut wurde und schlie?lich zu der Moschee. Die zentrale Tür des Südeingangs durch den r?mischen inneren temenos wurde blockiert, w?hrend der r?mische Zustand des dreifachen Eingangs beibehalten worden ist. Durch die Ver?nderung der Eing?nge l?sst sich der gro?e Unterschied der Anh?ngerschaft feststellen. Allgemein betrachtet l?sst sich festhalten, dass neue Verwendungsmuster geschaffen werden, die einen Bruch in der Kontinuit?t von vergangener und kontempor?rer Erfahrungsgeschichte darstellen.

Jon Cubas DIAZ (G?ttingen) beleuchtete die Bestattungsr?ume der jüdischen und christlichen Gemeinden des sp?tantiken Kilikiens und insbesondere Korykos. Ziel war, die Ver?nderungen der Grabmonumente, ihrer Inschriften und deren Standort innerhalb der Siedlungen festzumachen. In der mittelgro?en Küstenstadt lassen sich in der sp?tantiken Grablandschaft über 600 Inschriften finden, die von relativ verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen stammen. Dank der oft direkt nach dem Namen genannten Berufe wird ein einzigartiger Einblick in die Gesellschaftsstruktur gew?hrt. Vor allem das Textilhandwerk und der Textilhandel sind dabei stark vertreten und unterscheidbar, da die Spezialisierungen teils enorm detailliert wiedergegeben worden und vom Referenten tabellarisch nachvollziehbar gemacht worden sind. Der Gro?teil der Gr?ber zeugt von einer christlichen Mehrheit, dazwischen finden sich vereinzelte jüdische Grabm?ler, die auf ein Fehlen eines exklusiv jüdischen Gr?berfeldes hindeuten. Interessanterweise kann man dafür eine Bündelung von Gr?bern je nach beruflicher Zugeh?rigkeit feststellen. In Korasion l?sst eine ?hnliche Struktur festmachen, w?hrend in Krakabakli, einer kleinen Siedlung mit urbanem Charakter, ?ffentlichen Geb?uden und einem Kirchenkomplex, neben den herk?mmlichen Sarkophagen sogenannte ?Aedicula-Gr?ber“ gefunden worden sind. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@e waren oft mit Kreuzen, jedoch ohne Inschriften versehen. Da die Gr?ber aber in der Regel direkt benachbart zu den H?usern lagen, machte dies Inschriften überflüssig und schütze gleicherma?en vor einem Grabraub. Zusammenfassend l?sst sich jedoch festhalten wie deutlich die Wichtigkeit der Epigraphik für die Erforschung einer Gesellschaft ist.

Weiterhin im sp?tantiken Kilikien gelegen, beleuchtete Arabella CORTESE (München – Regensburg) die Verbindung zwischen der Landschaft und dem Heiligenkult in Isaurien. Die einzigartige Topografie und wichtigsten natürlichen Besonderheiten der Region, etwa die Unebenheit und die Sinkh?hlen, pr?gte auch die dort lebende Gesellschaft. Zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert n. Chr. lassen sich viele christliche St?tten finden, die mit der N?he oder gar dem Berühren von Reliquien in Verbindung standen. Die meisten davon befanden sich an H?fen oder Hauptstra?en. Korykos, als blühende Hafenstadt mit vielen Lokalheiligen ist ein gutes Beispiel für die Koexistenz vieler verschiedener Kulte. Die heilige Thekla ist ein gutes Beispiel für das ?konomische und kulturelle Profitieren eine Stadt von dem Kult um ihre Heilige. Ihr Wallfahrtsort befindet sich n?mlich zwei Kilometer südlich der Stadt Seleucia ad Kalykadnos, dem administrativen Zentrum Isauriens, und war an diese durch eine Stra?e, die auch w?hrend religi?ser Prozessionen zu Ehren der Heiligen genutzt worden ist, angebunden. Die Basilika der heiligen Thekla liegt nicht nur in einer Sinkh?hle, sondern steht auch direkt auf der H?hle, in der die Heilige laut Sage in den umliegenden Stein verschwunden sein soll. Hier spiegelt sich die Besonderheit der Region deutlich auch in der Verehrung wider. Ein weiteres Beispiel der Referentin ist die Geschichte des heiligen Konon und seines Kults, der sich sowohl in der Stadt Bidana, als auch in Leontopolis verbreitete. Auch dank der Wunder zu seinen Lebzeiten, verbreitete sich unmittelbar nach seinem Tod der Kult in Bidana rapide, was zu dem Bau einer Kirche über seinem Haus führte, der allerdings arch?ologisch nicht nachwei?bar ist. Somit l?sst sich klar erkennen, dass Isaurien von unz?hligen Kulten gesprenkelt war, wobei Reliquien und M?rtyrer den St?dten ?konomischen und kulturellen Zuwachs generierten und starke St?dteidentit?ten zur Folge hatten und die sakrale Topografie des sp?tantiken Isaurien bildeten.



Der Vortrag von Yunus DEMIRCI (Jerusalem) musste leider wegen Krankheit ausfallen.

Abschlie?ende Perspektiven lieferte Jun. Prof. Dr. Nadin BURKHARDT (Eichst?tt-Ingolstadt), die nicht nur die Vortr?ge kurz zusammenfasste, sondern die Themen und Ergebnisse geschickt verknüpfte. Sie betonte wie die Sp?tantike nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern in die Jahrhunderte davor und danach eingebettet ist. Der Workshop legte eine weite Spanne von Forschung und Interdisziplinarit?t an den Tag. Die Wahrnehmung des Raums als politisch, ?ffentlich, ?konomisch und religi?s, gekoppelt an die Auswirkung der Ver?nderung von urbanem Raum stand dabei stets im Mittelpunkt. Mitunter sehr fokussiert aufs Detail, beliefen sich die Vortr?ge auf ein regional und temporal breites Spektrum und machten deutlich, wie die Zusammenarbeit, die bei einem Graduiertenkolleg und gro?en Ausgrabungen n?tig sind, auch hier von gro?er Bedeutung sei. Die Forschung zu den Ver?nderungen von urbanem Raum zeigt eine Verschiebung des Fokus auf die Praktiken und Funktionen von Geb?uden innerhalb urbaner Strukturen. Um Wandel und Kontinuit?t zu verstehen ist die Stadt ein Medium der Vermittlung, wobei die Stadt sowohl Objekt als auch Ergebnis der Vermittlung ist. Forschungsziel ist die Entwicklung der Stadt, der Bereich der Interaktion und die Modifizierungen der Umgebung, w?hrend alles in kulturelle Traditionen eingebettet erscheint. Dabei sollen die Akteure des Raums, ebenso wie die Lage, Funktion, Struktur und der historische und politische Hintergrund nicht vergessen werden. Der Workshop habe somit viele Inputs, aber auch neue Anforderungen geliefert, auf die man in Zukunft gespannt sein darf.


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Metropolit?t in der Vormoderne

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