Verena Ibscher

Mitherausgeberschaft

• Sebaldt, Martin; Bein, Simon; Enghofer, Sebastian; Ibscher, Verena; Illan, Luis (Hrsg.) (2020): Demokratie und Anomie. Eine fundamentale Herausforderung moderner Volksherrschaft in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Springer VS.

Sammelband-Beitr?ge

• Ibscher, Verena (2020): Anomie durch Wandel? Der Faktor Modernisierung als Herausforderung demokratischer Stabilit?t am Beispiel der Political Correctness. In: Sebaldt, Martin et al. (Hrsg.): Demokratie und Anomie. Eine fundamentale Herausforderung moderner Volksherrschaft in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Springer VS, S. 303-327

• Sebaldt, Martin; Ibscher, Verena; Illan, Luis (2020): Demokratie und Anomie: Profile, Ursachen und Effekte einer fundamentalen Herausforderung in der empirischen Synopse. In: Sebaldt, Martin et al. (Hrsg.): Demokratie und Anomie. Eine fundamentale Herausforderung moderner Volksherrschaft in Theorie und Praxis, Wiesbaden: Springer VS, S. 353-380

• Ibscher, Verena (2013): Die ambivalente Rolle der Frauen im Spiegel der politischen Theorie Rousseaus. In: Hidalgo, Oliver [Hg.]: Der lange Schatten des Contrat social. Demokratie und Volkssouver?nit?t bei Jean-Jacques Rousseau (Reihe Staat, Nation, Souver?nit?t), Wiesbaden 2013, S. 255 – 272

Political Correctness – Ein Ph?nomen der Moderne?

Political Correctness (PC) ist jüngst wieder in aller Munde. Nachdem es um die Debatte eine Zeit lang ruhiger geworden war, haben vor allem rechts, aber auch liberal orientierte Akteure die Thematik erneut auf die Tagesordnung gebracht. Die Verfechter der These einer um sich greifenden Politischen Korrektheit sehen dabei, insbesondere bedingt durch Tabus und eine Reglementierung der Sprache, die Meinungsfreiheit eingeschr?nkt, teilweise sogar die Demokratie selbst in Gefahr. Ungeachtet der Schwere dieser Vorwürfe bleibt eine griffige Definition von PC in der Regel aus, stattdessen ist ein intuitiver Gebrauch der Normalfall. Als Common Sense k?nnen lediglich wenige Grunds?tze umrissen werden: So ginge es bei PC-Bestrebungen prinzipiell um (in den Augen der Gegner freilich falsch verstandene) Antidiskriminierung, einem eher am Ergebnis statt an den Ausgangsbedingungen orientierten Egalit?tsanspruch und eine klar progressive Ausrichtung insbesondere auf der soziokulturellen Ebene. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@er hohe Abstraktionsgrad, gepaart mit der gro?en thematischen Bandbreite der Begriffsverwendung (etwa von Kultur- über Geschlechterfragen bis hin zu Vegetarismus), führt unweigerlich zu einer enormen Unübersichtlichkeit des Diskurses, die bisher auch wissenschaftlich nicht zufriedenstellend beseitigt werden konnte. Zus?tzlich herrscht Uneinigkeit über die Existenz des Ph?nomens selbst. Das Unterstellen eines politisch korrekten Agierens sei, so die g?ngige Replik von Seiten des progressiven und linken Lagers, lediglich ein Machtmittel reaktion?rer Kr?fte.

Das erste Aufflammen der PC-Debatte Ende der 80er Jahre in den USA f?llt mit einem Modernisierungsschub innerhalb der westlichen Welt auf soziokultureller, aber auch technischer und wirtschaftlicher Ebene zusammen, der so manchen Modernisierungstheoretiker zur These eines Epochenbruchs innerhalb der Moderne selbst inspirierte. Lenkt man das Augenmerkt auf zentrale Ver?nderungen dieser zweiten (Beck) oder radikalisierten (Giddens) Moderne seit Mitte des 20. Jahrhunderts (etwa Individualisierung, Globalisierung oder Enttraditionalisierung), liegt ein Zusammenhang zwischen diesen und PC intuitiv nahe. Exemplarisch l?sst sich etwa eine N?he zwischen intensivierter Globalisierung und PC vermuten. Schlie?lich bringt erstere eine gr??ere Mobilit?t über Landesgrenzen und somit eine Steigerung der ethnischen und kulturellen Heterogenit?t in westlichen Gesellschaften mit sich, die wiederum Egalit?ts- und Emanzipationsforderungen einen Relevanzschub verliehen haben k?nnte.

In wie weit dieser Anfangsverdacht eines inneren Zusammenhangs zwischen fortschreitender Modernisierung und PC tats?chlich zutrifft, ist die zentrale Fragestellung des Dissertationsprojektes. Zu diesem Zweck gilt es in einem ersten Schritt die Forschungslücke hinsichtlich der Begriffsbestimmung zu schlie?en. Auf Basis wissenschaftlicher wie nichtwissenschaftlicher Beitr?ge wird Politische Korrektheit theoretisch erfasst und auf wenige Kernpunkte verdichtet. Daran anknüpfend werden Auspr?gung und Intensit?t von PC anhand verschiedener Diskurse nachgezeichnet, indem dieselben auf ?bereinstimmung mit den zuvor erarbeiteten Kernpunkten abgeglichen werden. Dabei wird durchgehend ein besonderes Augenmerk auf das jeweilige Zusammenspiel von PC und Moderne gelegt. Beachtung finden neben Diskursen, in denen der Vorwurf der PC explizit genannt wird, auch ausgew?hlte Verdachtsf?lle, die zeitlich vor dem Aufkommen des Terminus selbst liegen und entsprechend nicht unter dem Begriff firmieren k?nnen. Auf diesem Weg gewonnene Erkenntnisse über Art und Umfang etwaiger Vorl?ufer der PC im Zuge der klassischen Moderne versprechen einen wertvollen Erkenntnisgewinn bezüglich der Rolle der Modernisierung und der Genese des Ph?nomens selbst.