München, Orff-Zentrum, 16.–18. M?rz 2022
Interdisziplin?re Tagung im Rahmen von troja – Kolloquium und Jahrbuch
für Renaissancemusik (siehe auch https://journals.qucosa.de/troja/index? für alle B?nde von troja. Jahrbuch für Renaissancemusik im Open Access)
Prof. Dr. Katelijne Schiltz (Universit?t Regensburg)
Dr. Moritz Kelber (Universit?t Bern)
Sebastian Bolz M. A. (LMU München)
Tagungswebsite
Plakat
Programmheft
Alfred Einsteins dreib?ndige Untersuchung zur weltlichen Vokalmusik des 16. Jahrhunderts erschien 1949 in englischer ?bersetzung als The Italian Madrigal. Als weitgehend konkurrenzlos gebliebener Versuch, die Entwicklung und Geschichte der Gattung und ihrer literarischen und kulturhistorischen Kontexte darzustellen, gilt Einsteins Studie bis heute als Standardwerk. Eine Edition, die Sebastian Bolz (LMU München) auf Grundlage der bislang unerschlossenen Typoskripte Einsteins für das Jahr 2022 vorbereitet, macht den umfangreichen Text nun erstmals in seiner deutschen Originalgestalt zug?nglich. Die Ver?ffentlichung erlaubt einen neuen Blick auf Einsteins ebenso einflussreiche wie historisch gewordene Schrift und l?dt damit zu einer Auseinandersetzung mit ihrem Nachleben ein. Im Rahmen einer internationalen Tagung, die um den 70. Todestag des Autors im M?rz 2022 stattfinden soll, wollen wir uns aus mehreren Perspektiven mit Einsteins Text, seiner Bedeutung und seinem Einfluss auseinandersetzen. Wir freuen uns, dass die Tagung in München und damit am Ort von Einsteins akademischer Sozialisation stattfinden kann – gerade weil dem jüdischen Musikwissenschaftler im München des frühen 20. Jahrhunderts eine Laufbahn als Akademiker verwehrt blieb.
Drei Ans?tze sollen die Re-Lektüre leiten: In fach- und wissenschaftsgeschichtlicher Hinsicht stellen sich Fragen nach dem Ort von Einsteins Studien in der Forschungslandschaft der ersten H?lfte des 20. Jahrhunderts: Auf welchen Stand der Forschung reagierte Einsteins Monographie? In welchem Verh?ltnis stehen Zuschnitt und Methode zu vergleichbaren Arbeiten innerhalb der Musikwissenschaft, aber auch im interdisziplin?ren Kontext? Ins Blickfeld rückt zudem die Frage, welche geschichtstheoretischen und narrativen Pr?missen Einsteins gro? angelegte Erz?hlung strukturieren. Unmittelbar damit im Zusammenhang steht die langfristige Bedeutung inhaltlicher Schwerpunktsetzungen: In welcher Weise wirkte Einsteins Arbeit thematisch, rhetorisch und methodisch stilbildend für die Erforschung der Musik des 16. Jahrhunderts? Diskutieren wollen wir schlie?lich die Rezeptionsgeschichte des Werkes. Dabei muss es auch um sprachlich bedingten Wissenstransfer und die Frage gehen, welche Unterschiede zwischen der publizierten englischen Fassung und dem deutschen Ausgangstext im Hinblick auf ihre jeweilige Wissenschaftssprache bestehen.
Ein genuin musikhistorischer Ansatz bildet die zweite Leitperspektive der Tagung: Nach The Italian Madrigal erschienen kaum Werke mit vergleichbarem Anspruch, weshalb dieser ambitionierte Versuch der ?berblicksdarstellung einer Gattung noch immer als Referenzpunkt gelten kann. Weil mit der erstmaligen Publikation der deutschen Originalfassung ein beinahe 80 Jahre alter Text in neuer Gestalt vorgelegt wird, sind inhaltliche Einordnungen ihrer selbst historisch gewordenen Ergebnisse unverzichtbar. Insofern müssen Einsteins Einsch?tzungen zu aktuellen Forschungen auf dem Feld der Frühen Neuzeit in Beziehung gesetzt werden: Welche Erkenntnisse besa?en pr?gende Bedeutung und haben wom?glich Bestand, auf welche Grenzen stie? und st??t das Werk? In mehreren kurzen case studies gilt es hier sowohl Komponisten, denen Einstein gr??ere Aufmerksamkeit widmet, als auch kulturgeschichtliche – das hei?t etwa institutionelle oder regionale – Kontexte in den Blick zu nehmen.
Zuletzt stellen sich neue Fragen mit Blick auf Einsteins wissenschaftliche und pers?nliche Biographie, die auch eine Biographie von Das italienische Madrigal ist: Wie und unter welchen Bedingungen entwickelte sich Einsteins Madrigalforschung vom Beginn seiner Besch?ftigung mit der Musik der Frühen Neuzeit im Rahmen seiner Dissertation bis hin zur Zusammenfassung seiner jahrzehntelangen Forschung in einer monumentalen Studie? In welchem Verh?ltnis dazu stehen seine weiteren Forschungsinteressen, die etwa Mozart und die Musik der Romantik, aber ebenso allgemeine Fragen der ?sthetik betrafen und so eine enorme Breite aufweisen? Besonderes Gewicht besitzt dabei seine T?tigkeit als Sammler und Herausgeber von Kompositionen. An die editorischen Arbeiten zur Musik des 16. bis 18. Jahrhunderts knüpfen sich (auch für den aktuellen Forschungsdiskurs relevante) Fragen nach der Rolle der Philologie und mit ihr der musikwissenschaftlichen Grundlagenforschung in Einsteins Schaffen und darüber hinaus.
Unter Berücksichtigung aller drei Perspektiven wollen wir auch über M?glichkeiten nachdenken, ob und wie wir heute eine ?Geschichte der italienischen Profan-Musik im 16. Jahrhundert“ (so Einsteins Originaltitel) neu konzipieren und schreiben k?nnen.
Mittwoch, 16. M?rz 2022
14:00 | Begrü?ungen und Einführung |
Sektion: Wissenschaftsgeschichtliche und historiographische Perspektiven | |
14:30 | Keynote: Music, Print and Culture. Einstein Revisited Iain Fenlon (University of Cambridge) |
15:30 | [Pause] |
16:00 | Einstein’s musical sources: building a history of the Italian madrigal from the prints Philippe Canguilhem (Centre d’?tudes Supérieures de la Renaissance, Tours) |
16:45 | Singing madrigals: On the aesthetics of singing in Einstein’s Das italienische Madrigal Laurie Stras (University of Huddersfield) |
17:30 | [Pause] |
17:45 | Dante in El Cerrito: Alfred Einsteins literarisches Madrigal, von Berkeley aus gesehen Henrike C. Lange (University of California, Berkeley) |
18:30 | Buchpr?sentation: Einsteins Das italienische Madrigal in deutscher Erstausgabe Sebastian Bolz (LMU München) |
Donnerstag, 17. M?rz 2022
Sektion: Historiographische Perspektiven transdisziplin?r | |
9:00 | Das Madrigal erz?hlen. Alfred Einsteins Gattungsgeschichte in narratologischer Perspektive |
9:45 | Das Madrigal als literarische Gattung. Der Beitrag der Romanistik nach Einstein Florian Mehltretter (LMU München) |
10:30 | [Pause] |
11:00 | Von Jacob Burckhardt bis Erwin Panofsky. Die Madrigalforschung Alfred Einsteins im Verh?ltnis zur italienischen Kunst der Frühen Neuzeit und ihrer kunsthistorischen Erforschung Karolina Zgraja (Universit?t Zürich) |
11:45 | Locating the Madrigal: Place, Space, and Time Inga Mai Groote (Universit?t Zürich) & Katelijne Schiltz (Universit?t Regensburg) |
12:30 | [Pause] |
Sektion: Musikhistorische Perspektiven – Schlaglichter zum Stand der Forschung | |
14:30 | Einstein’s Monteverdi Antonio Chemotti (KU Leuven) |
15:00 | Marenzio – ?ein Sp?tling, ein ?Virtuos?? – from Einstein to the digital world Daniele Filippi (Schola Cantorum Basel) |
15:30 | [Pause] |
16:00 | Orazio Vecchi, Adriano Banchieri, and The Anxieties of Entertainment Paul Schleuse (Binghamton University) |
16:30 | Verdelot and Arcadelt Kate van Orden (Harvard University) |
17:00 | [Pause] |
17:15 | Einstein’s Frottola and Its Legacy Giovanni Zanovello (Indiana University) |
18:00 | Empfang |
20:00 | Konzert: Lamento d’Arianna: Music from the Italian Renaissance – from Rore to Monteverdi |
Freitag, 18. M?rz 2022
Sektion: Biographische Perspektiven | |
9:00 | The Italian Madrigal in Exile / Exile in The Italian Madrigal Benjamin Ory (Stanford University) & Moritz Kelber (Universit?t Bern) |
9:45 | Einsteins Madrigalbuch im Rekurs auf seine musikwissenschaftlichen Vorl?ufer: Versuch einer Positionsbestimmung Christian T. Leitmeir (University of Oxford) |
10:30 | [Pause] |
10:45 | Editionswissenschaft. Einstein als Herausgeber Cristina Urchueguía (Universit?t Bern) |
11:30 | [Pause] |
Sektion: What’s next? | |
11:45 | Podium: Perspektiven der Madrigalforschung im digitalen Paradigma Irene Holzer, Florian Mehltretter, Katelijne Schiltz, Giovanni Zanovello |
13:15 | Schlusswort |
Die Tagung findet in einem hybriden Format statt. Aufgrund der beschr?nkten Kapazit?ten im Orff-Zentrum gehen wir derzeit davon aus, dass externe Zuh?rer:innen ausschlie?lich via Zoom teilnehmen k?nnen. Wenn Sie an der Tagung teilnehmen wollen, senden Sie bitte die ausgefüllte Datenschutzerkl?rung an madrigal@lrz.uni-muenchen.de. Wir senden Ihnen dann rechtzeitig vor der Veranstaltung die Zoom-Daten zu.
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Tagung: Orff-Zentrum, Kaulbachstra?e 16, 80539 München
Foto: Jan Adamiak (Orff-Zentrum)