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DaF - Theatergruppe Babylon - Aufführungen - 2015

Die Herren der Welt

eine Kom?die in fünf Bildern

von Wolfgang Hildesheimer

im Theater an der Uni

vom 29. Juni bis 3. Juli


Inhalt

Bild 1

Das Bild spielt im Salon des Schlosses von San Ignazio, einem kleinen Fürstentum, nach dem Abendessen. Im Schloss wohnen Olga, die Landesfürstin, ihre Tochter Diane und ihr Bruder Prinz Woroschilow. Zu Besuch ist die Marquise von Chateauneuf und die drei internationalen Gesch?ftsleute Shrankmaker, Seelsorge und der Scheich El Hussabi. Alle warten auf den reichen und m?chtigen Gesch?ftsmann Melassis und seinen Sekret?r. Die Fürstin m?chte ihm ihr Fürstentum verkaufen, da sie Geld braucht, und ihn zugleich als Ehemann für Diane gewinnen, damit das Fürstentum in der Familie bleibt. Auch die Marquise, die Melassis aus der Jugend kennt, m?chte ihre Tochter mit ihm verheiraten, da sie kein Geld mehr hat. Die drei Gesch?ftsm?nner warten auf Melassis, um mit ihm zusammen eine Firma zu bilden, die alle Waffengesch?fte der Welt kontrolliert. Aber eigentlich m?chte Shrankmaler nur mit Melassis und dem Scheich zusammenarbeiten und Seelsorge ausschalten und versucht das, mit dem Scheich zu vereinbaren. Er plant sogar, Melassis auszuschalten. Nachdem alle zu Bett gegangen sind, sprechen Diane und der Butler über Melassis und seinen Sekret?r und versuchen einen Plan zu machen, um den Verkauf des Fürstentums zu verhindern, als es klingelt. Ein junger Mann namens Jack bittet um eine ?bernachtungsm?glichkeit für eine Nacht, weil es drau?en regnet. Da nur Platz für Melassis und den Sekret?r ist, schlagen Diane und der Butler Jack vor, er solle für eine Nacht als Sekret?r von Melassis hier übernachten. Er stimmt zu, da die Fürstin aber die Klingel geh?rt hat, muss er die Rolle als Melassis Sekret?r wirklich spielen. Sie bringt ihm Unterlagen zum Verkauf des Fürstentums.

Bild 2

In Jacks Schlafzimmer, in der gleichen Nacht. Jack studiert gerade die Dokumente der Fürstin, als Diane hereinkommt und sagt, er müsse gleich in der Frühe wieder gehen – bevor ihn jemand sieht. Das geht aber nicht mehr, da er nun die geheimen Dokumente der Fürstin kennt und mehr über den Verkauf des Fürstentums erfahren m?chte, auch deswegen, weil er ein Idealist ist und diese Gesch?fte aufdecken m?chte. Diane, die die Details nicht gekannt hat, streitet sich mit Jack, als die Marquise an der Tür klopft. Diane versteckt sich im Nebenzimmer, w?hrend die Marquise versucht, Jacks Unterstützung zu bekommen, damit er ihr hilft, ihre Tochter mit Melassis zu verheiraten. Sie verr?t Jack, dass die Fürstin auch diesen Plan hat, und sagt ihm auch, dass sie Melassis Vergangenheit kennt und man ihn mit diesem Wissen um seine illegalen Gesch?fte vielleicht erpressen k?nnte. Als n?chstes kommt Seelsorge zu Jack: Auch er m?chte ohne Shrankmaker mit Melassis Gesch?fte machen – wie Shrankmaker ohne ihn. Jack erf?hrt also von dem Waffengesch?ft und versucht noch mehr Informationen zu den Partnern zu bekommen, da er merkt, dass er einem Skandal auf der Spur ist. Er bekommt die Aufzeichnungen von Seelsorge zu lesen, und weil es so leise in dem Raum ist, kommt Diane aus dem Nebenraum. Seelsorge entdeckt sie und denkt, sie und Jack seien ein Liebespaar. Mit dieser Information m?chte er Jack dazu zwingen, dass er ihm hilft, seine Pl?ne mit Melassis zu verwirklichen. Er geht und Diane und Jack schlie?en Freundschaft, da Diane denkt, dass Jack wie sie die Gesch?fte der anderen verachtet.

Bild 3

Elf Uhr am n?chsten Vormittag warten alle auf den Sekret?r des Herrn Melassis. Jack kommt dazu und ?rgert erst einmal die Fürstin, indem er für Melassis verschiedene Sonderwünsche bestellt. Dann versucht Shrankmaker mit ihm – wie Seelsorge am Abend vorher – eine Vereinbarung zu treffen. Der Butler ruft zum Mittagessen. W?hrend alle ins Haus gehen, wird klar, dass Diane auf Distanz zu Jack geht und anf?ngt, ihm zu misstrauen und zu denken, dass er der richtige Sekret?r von Melassis ist. Der Butler teilt Diane mit, dass der echte Sekret?r von Melassis eingetroffen ist und er ihn in den Turm gesperrt hat. Diane beschlie?t, Jack nichts von der Ankunft des echten Sekret?rs mitzuteilen.

Pause

Bild 4

Wieder im Salon, früher Nachmittag. Alle warten auf Melassis, als er eintrifft, erschrickt Jack, aber Melassis spielt das Spiel mit und tut so, wie wenn Jack sein Sekret?r w?re. Diane glaubt Melassis und ist von Jack sehr entt?uscht. Melassis enthüllt als erstes, dass die Marquise und er sich kennen, weil sie beide in einem Bordell gearbeitet haben und also beide nicht aus einem vornehmen Hause sind. Dann schickt er alle weg, und versucht herauszufinden, wer Jack eigentlich wirklich ist und welche Informationen er hat. Melassis m?chte aus Jack wirklich seinen Sekret?r machen und nachdem Jack gemerkt hat, dass er Melassis im Moment nicht entkommen kann, geht er – zum Schein – auf das Angebot ein. Wir erfahren, dass der Prinz der geheime Informant von Melassis war.

Bild 5

In einem Konferenzraum, sp?ter am gleichen Tag. Diane ist sehr b?se auf Jack, aus dem Gespr?ch des Butlers mit Jack erfahren wir aber, dass Jack Diane verehrt und einen Plan hat, wie er Melassis b?se Pl?ne enthüllen kann. Am Beginn der Konferenz erz?hlt Jack von allen geheimen Pl?nen, die er in den letzten Stunden erfahren hat. Als alle v?llig emp?rt sind, erkl?rt Melassis, dass es gut ist, wenn alle von allen Intrigen wissen. Gerade als Jack dabei ist, Melassis zu zwingen, dass er seine Pl?ne verr?t, führt Diane Reporter durch das Schloss, um auf diese Art das Fürstentum zu retten. Jack erz?hlt den Reportern zwar, dass er nicht der Sekret?r von Melassis ist und welche Aktionen die Fürstin und die Industriellen geplant haben, aber da Melassis mehr Macht hat, interessiert das niemanden und er kann die Reporter auf seine Seite ziehen. Alle lachen über Jack, und er bleibt mit Diane zurück, w?hrend die anderen sich auf einer Pressekonferenz miteinander verbrüdern. Die Marquise und der Prinz kommen dazu und planen, Melassis mit seiner Vergangenheit zu erpressen. Als die beiden auch gegangen sind, erkl?rt Jack Diane, dass er sie liebt. In diese Szene kommt der Butler und erkl?rt, dass alles zu einer Flucht für sie drei bereit ist.


INterpretation

Als wir das Stück zum ersten Mal gelesen haben, dachten wir, es sei für unsere Zeit geschrieben und vielleicht erst vor ein paar Jahren - es ist so beklemmend aktuell, dass wir ein paar Mal auf dem Titelblatt nachgeschlagen haben: 1958 - wirklich 1958?
Wolfgang Hildesheimer ist 1991 gestorben, wie aktuell sein Stück - mal wieder - geworden ist, hat er also nicht mehr mitbekommen, aber die Geschichte der zweiten H?lfte des 20. Jahhunderts hat ihn wohl auch in jedem Jahr und Ereignis neue Parallelen finden lassen.
Als Jack, ein junger Mann von ironischer Lebensweise und geringen Mitteln, tropfnass im Salon von San Ignazio erscheint, erkennt er noch nicht, dass er vom Regen in die Traufe gekommen ist. Was als eine Suche nach einer ?bernachtungsm?glichkeit und ein kleiner Flirt mit einer - gleichfalls ironischen und natürlich bezaubernden - Prinzessin beginnt, führt ihn in seiner angenommenen Rolle als Sektret?r des reichsten und m?chtigsten Mannes der Welt weit hinein in das Spiel aus Intrigen und Gegenintrigen.
Denn die Gegenseite, die ihn als den Sekret?r des nur oberfl?chlich verkleideten reichsten Mannes der damaligen Welt identifiziert, versucht ihn in ihre Pl?ne und Intrigen hineinzuziehen - von der Verheiratung der eigenen Tochter über kleine Betrügereien bis zu der Monopolisierung und Kontrolle der Waffenstr?me der Welt.
Verarmter Adel und Gro?industrielle, die Lieblinge der Klatschpresse, die ihre Auflagen damit macht, einen Blick in diese Traumwelt zu bieten, zeigen sich als egomane Verbrecher, denen es nicht nur um Geld geht, sondern um Macht und Gewinnen und die so sicher in ihrer Welt sind, dass sie Sekret?re nur als Werkzeuge sehen und so Jack in einer geradezu rührenden Naivit?t alle ihre Pl?ne anvertrauen.
Aber was kann und soll Jack auch mit seinem Wissen machen? Wir erleben in dem Stück, wie auch für ihn Wissen Macht wird, und er versucht, die skandal?sen Gesch?fte, von denen er erf?hrt, an die ?ffentlichkeit zu bringen.
Und er spielt dieser Gesellschaft Streiche: Kleine Unversch?mtheiten ohne Absicht, die für seine Opfer nicht gef?hrlich sind, aber dennoch ihr Leben unbequemer machen. Wenn wir die gro?e Frage nach dem Guten und dem B?sen stellen, dann haben wir hier eine sehr ironische L?sung. Denn dass der moderne Prinz auf dem Fahrrad natürlich seine Prinzessin bekommt und wir so ein utopisches Happy End - passend für eine - wenn auch bittere - Kom?die erleben, das ironisiert Jack mit seinem letzten Zeilen schon, w?hrend es passiert.
Ist das Stück deswegen zu harmlos - wie Hildesheimers eigenes Urteil lautete? Wir m?chten dem Autor gerne widersprechen. Denn die moralische Emp?rung über die Zust?nde hat die Zust?nde nicht wirklich ver?ndert. Die Erkenntnis, dass die Welt gekauft und verkauft wird, hat keinen Neuigkeitswert mehr - und dennoch ist sie leider noch immer aktuell.
Und deswegen haben wir das Stück ausgew?hlt: Denn bei allem Erschrecken über die Aktualit?t, bei all den Parallelen zu den Schlagzeilen der letzten Jahre und bei aller Ohnmacht, die wir manchmal verspüren, wenn unsere besten Bemühungen mal wieder nicht reichen, um die Welt auch nur ein bisschen zu retten,. sollten wir vielleicht Jack in einem anderen Aspekt zum Vorbild nehmen.
Wenn die gro?en Gesten und Enthüllungen durchfallen, wenn nichts und niemand mehr den zynischen und abgekl?rten Zeitgeist erschüttern kann, dann k?nnen wir von Jack zwei Dinge lernen: Streiche zu spielen, das Leben der M?chtigen unbequemer zu machen und damit zu irritieren. Und ein bisschen weniger verführt zu sein von Geld und den Dingen, die man damit kaufen kann.
Was uns Jack zeigt, ist, dass er durch Bestechung oder gro?e Namen nicht zu verführen oder zu beeindrucken ist, nur durch Ironie. Das wiederum k?nnen sich die Gro?industriellen und Adligen nicht vorstellen und deswegen k?nnen sie darauf auch nicht reagieren. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@e Unverführbarkeit, diese Leichtigkeit ist die eigentliche Zuflucht von Jack - und deswegen ist er ein positiver Ironiker und nicht ein Zyniker wie der Prinz, der eigentlich als Gegenfigur zu ihm konstruiert ist: auch ein Niemand, auch ein Hochstapler - aber im Gegensatz zu Jack war er wohl korrumpierbar, eine Generation früher.
Jack spielt den harmlosen Hofnarren - natürlich kann das keine endgültige L?sung sein. Aber vielleicht ist genau das die Antwort. Verabschieden wir uns doch von den endgültigen L?sungen und lernen wieder zu spielen? - und zwar ohne die Spielzeuge, die man kaufen muss. Und wenn wir - wie Sie heute Abend hoffentlich - ein bischen gelacht haben und ein bisschen an Leichtigkeit gewonnen, dann treffen wir uns wieder mit Jack, um den n?chsten Versuch gegen “Die Herren der Welt” zu unternehmen.


Rollen

Fürstin Olga

Prinz

Marquise

Diane

Seelsorge

Shrankmaker

Scheich

Jack

Melassis

Butler

Diener

Journalisten

Der Erz?hler


Autor

Wolfgang Hildesheimer wurde am 9. Dezember 1916 in Hamburg geboren und starb am 21. August 1991 in Poschiavo, Graubünden in der Schweiz.
Er war ein deutscher Schriftsteller und Maler, der vor allem durch seine H?rspiele und Dramen bekannt geworden ist, und Mitglied der Gruppe 47 war.
Seine Herkunft beschreibt er selbst: ?Meine Vorfahren v?terlicherseits waren Rabbiner, einer nach dem anderen, nur mein Vater hatte keine Lust mehr und wurde Chemiker; mütterlicherseits waren sie Buchh?ndler, dem Vater meiner Mutter fühle ich mich verwandt, er war ein? Stoiker, zeichnete gut, spielte Violine, war sein Leben lang niemals beim Zahnarzt und steckte seine Pfeife brennend in die Tasche.“ (Vita S.17)

Er war also Sohn jüdischer Eltern, die Familie emigrierte und so kann Hildesheimer erz?hlen: “Meine ersten beiden Jahrzehnte verbrachte ich in Hamburg, Berlin, Cleve, Nymwegen, Mannheim, der Odenwaldschule, Frensham Heights School (Surrey), Jerusalem, London, Mousehole (Cornwall), Flüelen (Uri) und wieder Jerusalem; und zwar als S?ugling, Kind/Elementarschüler, Gymnasiast, Schüler eines Landschulheims, Public-School-Boy, Tischlerlehrling, Kunststudent, Maler, Graphiker und Mü?igg?nger, das letztere zwischen l?ngeren Perioden jeweiliger T?tigkeit, aber nicht weniger intensiv. Dann brach der Krieg aus, und ich wurde, dank dieser Vorbildung, englischer Informationsoffizier in Pal?stina, damals noch britisches Mandat. Der Staat Israel lag noch in weiter Ferne“.(Vita, S.17
Er arbeitete erst als Maler und Bühnenbildner, wurde dann Simultandolmetscher bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen und lebte dann als Maler am Starnbergsee. Seine ersten Versuche als Schriftsteller beschreibt er – in stilisierter Weise folgenderma?en: “Ich, Wolfgang Hildesheimer, mietete mir eine Wohnung mit Atelier in Ambach am Starnberger See und malte, aber nicht lange: genau bis zum 18. Februar 1950 vormittags. An diesem Tag war es in meinem Atelier sehr kalt, sehr feucht, es zog. Ich fror an den H?nden und mu?te in die N?he des Ofens rücken, wo es aber zum Malen zu dunkel war. Unlustig - die Unlust hat in meinem Leben immer eine gro?e, wenn nicht gar entscheidende Rolle gespielt, und ich habe ihr viel zu verdanken -, unlustig also nahm ich ein Blatt Papier zur Hand, um wenigstens zu zeichnen, aber wider jegliches Erwarten begann ich eine Geschichte zu schreiben. Am n?chsten Tag schrieb ich eine zweite, und so wurde ich allm?hlich Schriftsteller, denn wenn man einmal mit dem Schreiben angefangen hat, scheint es schwer, wieder damit aufzuh?ren, selbst wenn man will, und ich habe seitdem schon mehrmals gewollt. Jedenfalls habe ich jahrelang keinen Pinsel und keine Zeichenfeder zur Hand genommen, bis ich 1964 das damals begonnene Gem?lde zu Ende malte, wieder gegen jegliches Erwarten.“ (Vita, 17f). Seine ersten literarischen Werke waren die Erz?hlungen ?Lieblose Legenden“, w?hrend er in den fünfziger Jahren in satirischer, aber noch teilweise liebevoller Weise die lieblose Welt beschreibt und demaskiert und das politische R?nkespiel kritisiert, entwickelt er sich Ende der fünfziger Jahre in die Richtung des absurden Theaters bis zu seinem letzen H?rspiel 1977, das den Weltuntergang als vollendete Tatsache beschreibt. Bis zu seinem letzten Buch, einer fiktiven Biographie lebte er als Doppelbegabung, 1981 erkl?rte er seinen Austritt aus der Literatur und arbeitete – abgesehen von literarischen Gelegenheitsarbeiten – als bildender Künstler.

Aus: Walter Killy: Deutsches Literaturlexikon. Volker Jehle (Hg): Wolfgang Hildesheimer. suhrkamp taschenbuch materialien. 1989.



  1. Universit?t Regensburg

Theatergruppe Babylon

Andreas Legner
Christine Kramel
Dr. Armin Wolff

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