Inhalt
Rahmenhandlung auf der gro?en Bühne
Carlo Goldoni bekommt ein Libretto der Wagner-Oper ?Tristan und Isolde“ in die Hand - und er beschlie?t, dieses Stück mit seiner Theatergruppe aufzuführen. Als der Autor von ?Der Diener zweiter Herren“ ist Goldoni aber mehr an die Konstellationen und L?sungen der Kom?die gew?hnt und baut den Text, w?hrend er ihn mit seiner Truppe aufführt, um. Seine Schauspieler:innen sich als die Charaktere der Commedia dell‘arte glücklicherweise an spontane Handlungsentwicklungen gew?hnt.
Als erstes fügt Goldoni den Diener von Don Tristano (=Tristan) hinzu: Truffaldino, der als Diener natürlich schlau und gewitzt ist und die Handlung dann auch zu einem Happy End führt. Ihm entspricht auf der Seite von Donna Isotta (Isolde) Smeraldina (Brang?ne), deren Zofe.
Erster Akt (auf dem Schiff nach Venedig)
Die Handlung beginnt auf dem Schiff, das Isotta nach Venedig bringt, wo sie den Onkel Tristanos, den alten und geizigen Don Pantalone (Marke), heiraten soll. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@e Heirat soll, wie uns Brighella erz?hlt, einen alten Streit zwischen Don Pantalone und Isottas Vater beilegen.
Smeradina beklagt gegenüber Truffaldino, dass ihre sch?ne, junge Herrin diesen alten Don Pantalone heiraten soll und so planen die beiden, ihnen einen Liebestrank zu geben. Nicht etwa, um sie ineinander verliebt zu machen, das sind sie schon, wie der lebenskluge Truffaldino feststellt, sondern um ihnen die Erlaubnis zu geben, diese Liebe auch zuzulassen.
Smeraldina und Truffaldino erkl?ren ihren beiden Herren, dass der einzige Ausweg aus dieser Lage Selbstmord ist - und sie würden ihnen Gift beschaffen, damit sie sich umbringen k?nnen.
Statt des Gifts geben sie ihnen dann aber einen Liebestrank. Der erste Akt endet damit, dass Tristano und Isotta, nachdem sie den Liebestrank getrunken haben, sich in die Arme sinken.
Rahmenhandlung auf der gro?en Bühne
Wir erfahren, dass Truffaldino als verkleideter Notar eine Trauung vorgenommen hat und seinen Lohn jetzt in Spaghetti umsetzt.
Zweiter Akt (vor Pantalones Haus in Venedig)
Vor dem Haus von Don Pantalone wartet der Dottore Mellotto auf Pantalone, der eigentlich zur B?rse m?chte, um dort Gesch?fte zu machen. Der Dottore h?lt Pantalone auf und verr?t ihm - gegen Bezahlung - das seine Frau ihn mit seinem Neffen betrügt. Die beiden planen, so zu tun, als ob sie nach Padua verreisen wollten, in Wirklichkeit aber diese Information an Tristano weiterzugeben und das Liebespaar dann auf frischer Tat zu ertappen. Der Dottore erz?hlt also Truffaldino die Geschichte der angeblichen Reise von Pantalone.
Rahmenhandlung auf der gro?en Bühne
Die Handlung stoppt kurz, weil Carlo Goldoni von Gotthold Ephraim Lessing, einem der gr??ten deutschen Dichter der Aufkl?rung Besuch bekommt: Die beiden tauschen sich über die Problem und Besonderheiten von Kom?dien und Trag?dien aus - allerdings verstehen das die Schauspieler:innen von Goldonis Truppe nicht so wirklich - und so misslingt Goldonis Versuch, Lessing mit einer Aufführung eines Stücks aus Minna von Barnhelm oder Das Soldatenglück, eine Freude zu machen - gründlich, weil die an die Effekte der Commedia dell‘arte gew?hnten Schauspieler mit Lessings feiner Untersuchung von Liebe, Ehre und der Wichtigkeit der wirtschaftlichen Beziehungen nicht zurechtkommen. Nachdem Lessing und Goldoni noch kurz die Unsterblichkeit und Meisterschaft Shakespeares gerühmt haben, geht es mit der Handlung weiter.
Zweiter Akt (vor Pantalones Haus in Venedig)
Don Tristano schleicht sich zu einem Rendezvous mit Donna Isotta, da er ja denkt, dass Don Patalone aus dem Weg ist. Die beiden werden überrascht, Don Tristano gelingt die Flucht, Donna Isotta wird von Don Pantalone mit Konsequenzen bedroht und damit endet der zweite Akt.
Rahmenhandlung auf der gro?en Bühne
Lessing und Goldoni diskutieren, dass nach der Flucht von Isolde nach dem Wagnerschen Textbuch nicht mehr viel Handlung für den dritten Akt übrig ist. In ihre Versuche, dieses Problem zu l?sen und die Musik ertr?glicher zu machen, platzt der Wanderer, der ein glühender Wagnerverehrer ist und sich darüber beschwert, was Goldoni und seine Truppe aus Tristan und Isolde gemacht hat. Trotz seiner Drohungen baut Goldoni das Stück weiter um, als der Wanderer zornig abgeht, stellt sich heraus, dass es eigentlich Pantalone war.
Truffaldino bietet einen alternativen Schluss an, da er die Intrige des Dottore als gewitzer Diener natürlich durchschaut hat.
Dritter Akt (vor Don Pantalones Haus in Venedig)
Vor dem Haus von Don Pantalone wartet der Dottore Mellotto, Truffaldino l?sst sich angeblich in die Falle locken und tut so, als ob er glaubt, dass der Dottore und Pantalone nach Padua verreisen. Er schickt aber Donna Isotta und Don Tristano getrennt fort, so dass sie sich ein Alibi organisieren k?nnen. Er l?sst sich mit Smeraldina in einer Umarmung erwischen, die beiden zurückkommenden Liebenden zeigen sich emp?rt von den Unterstellungen. Als Donna Isotta Pantalone eine Ohrfeige gibt, f?llt die Heiratsurkunde auf den Boden; es stellt sich heraus, dass die Heirat ungültig ist, da Truffaldino die Trauung vorgenommen hat.
Pantalone gibt seinen Segen, dass Donna Isotta und Don Tristanio (diesmal wirklich) heiraten und mit diesem Happy End endet das Stück.
Interpretation
Wie schon unser Film am Anfang etwas süffisant fragt - natürlich k?nnten wir keinen Wagner spielen und auch sonst keine gro?e Trag?die. Und natürlich wollen wir das auch gar nicht.
Aber warum haben wir uns ausgerechnet in diesen doch sehr krisengeschüttelten Zeiten ein Stück ausgesucht, das mit seinem Untertitel ?Leitmotiv-Burleske“ das Kom?diantische, Schwankhafte ja schon im Titel tr?gt.
Zum einen finden wir, dass das eine falsche F?hrte von Rosendorfer ist - zwischen allen diesen Sp??en über geh?rnte Ehem?nner und Nachtt?pfe hat der Text viele zarte Momente, zum Beispiel wenn Smeraldina die Verg?nglichkeit der Jugend und Sehnsucht nach Liebe beklagt.
Und auch Truffaldions Antwort, dass man dann halt in alten Geschichten nach alten L?sungen suchen soll, zeigt für uns eine Liebe und einem gro?en Respekt vor der Geschichte des Theaters, in dem die alten Geschichten immer wieder neu sind.
Da sind wir auch schon bei dem n?chsten Grund - solange es Menschen gibt, sind die Konstellationen, in denen wir uns finden und die Schicksale, die wir durchleben - weil wir im besten Sinne menschlich sind - immer wieder vergleichbar. Deswegen sprechen uns auch heute noch die antiken Stoffe aus der Seele. So wie Tristan, Isolde und Brang?ne in der Orginalgeschiche ja alles richtig machen wollen und versuchen, als gute Menschen zu handeln und genau deswegen in einer ausweglosen Katastrophe landen, genauso geht es ja auch uns manchmal: Man kann nicht gewinnen, egal, wie sehr man sich anstrengt, am Ende ist man schuld.
?Schuldlos schuldig“ werden Helden auf der Theaterbühne schon seit der Antike - und wir kennen dieses Gefühl noch heute und finden uns in unserem eigenen Leben und im Theater in der tiefen Ungerechtigkeit des Lebens dann doch wieder getr?stet und best?rkt. Genauso freuen wir uns noch heute, wenn der Underdog gewinnt und am Ende die ?Richtigen“ sich bekommen und das Gleichgewicht des Lebens wieder hergestellt ist.
Im Gegensatz zu einem Weihnachtsfilm k?nnen wir hier aber dabei zusehen, wie zwei - gar nicht so unbekannte? - Autoren verhandeln, wie man den Regler von Trag?die auf Kom?die drehen kann und welche Effekte komisch sind. Wir sind also unseren Gefühlen im Theater nicht nur ausgeliefert, wir sehen im besten Sinne, wie diese Gefühle entstehen k?nnen.
Daneben ist diese Mediation über die Kom?die und die Trag?die von einer tiefen Liebe zum Theater, den Schauspieler/innen, ihren Regisseur/innen und Stückeschreiber/innen und dem ganzen Leben auf und hinter der Bühne getragen. Und da wir diese Liebe teilen, hat uns das natürlich sehr angesprochen.
Dann kommen noch ein paar gesalzene Meinungen dazu, wie lange Theaterstücke eigentlich dauern sollen, und ein paar Seitenhiebe auf Wagner und ernste bombastische Musik. Die Kenntnis und die Freude, mit der verschiedene Musikstile, verschiedene Vorstellungen von Theater und Oper und Publikum gegeneinander gestellt werden und zugleich miteinander in Beziehung gesetzt und dann zu einem Stück verschmolzen, hat uns amüsiert und fasziniert.
Die Trag?die entgleitet zwar leicht ins Komische, w?hrend die Kom?die da robuster ist. Aber gleichzeitig bedeutet Kom?die auch viel Arbeit und Timing und Proben und K?rperlichkeit - und auf der Strecke haben wir auch ein paar Regenschirme verloren...
Und etwas ernster - gerade die gro?en tragischen Geschichten, die Katastrophen und Unterg?nge und erst recht Wagners Musik wurden und werden oft politisch missbraucht. Wir Menschen lassen uns gerne von der gro?en Tragik verschlingen, von Gefühlen aufwühlen und vergessen in dieser Entgrenzung dann gerne die Vernunft, die Menschlichkeit und die Freundlichkeit? und Toleranz gegenüber anderen, weil sich reiner Zorn oder reine Emp?rung und die ?berzeugung von der Richtigkeit der eigenen Position besser anfühlt.
Als Menschen sind wir alle fehleranf?llig und manchmal der L?cherlichkeit preisgegeben. Wir bemühen uns und hin und wieder geht etwas schief und dann stolpert man beim gro?en Abgang oder verschluckt sich mitten in der Liebeserkl?rung. Weil wir aber Menschen sind, sind wir auch zur (Selbst)-Ironie f?hig und k?nnen über unsere nicht so gelungenen Auftritte lachen - im Theater wie im Leben.
Nehmen wir uns? - und die anderen -? also ernst genug, aber nicht zu ernst und lassen uns gerne daran erinnern, dass das Leben voller Tücke und komisch ist.
Zum Autor
Herbert Rosendorfer wurde 1934 in Bozen geboren. In der Zeit von 1939 bis 1943 lebte er in München, danach zog die Mutter mit den Kindern wegen des Krieges nach Kitzbühel zu den Gro?eltern, 1948 kamen sie nach München zurück - dass er die meiste Zeit seines Lebens dort verbrachte, fand auch Eingang in seine Werke.
Zuerst studierte er ein Jahr Bühnenbild an der Akademie der Bildenden Künste, dann aber Rechtswissenschaften an der Universit?t München. Seine Karriere als Jurist führte 1967 zu einem Posten als Amtsrichter in München. Ab 1993 war er Richter am Oberlandesgericht Naumburg. 1990 wurde er von der Ludwig-Maximilians-Universit?t München zum Honorarprofessor für Bayerische Literaturgeschichte ernannt. Nach seiner Pensionierung 1997 lebte er mit seiner dritten Ehefrau in Eppan in Südtirol.
Zu dieser Rückkehr sagte er in einem Interview zum 75. Geburtstag im Februar 2009: ?Ich wollte heim, ich geh?re hierher.“(SZ-online, Nachruf am? 21.09.2012)
Parallel zu seiner juristischen T?tigkeit schrieb er Texte: Sein literarisches Werk umfasst alle Genres (Lyrik, Romane, Essays, Satiren, H?rspiele, Drehbücher) und sowohl fiktionale wie auch essayistische und geschichtswissenschaftliche Arbeiten.
Umfassend begabt und gebildet, sagte er über sich:
?Ich bin Schriftsteller, ich bin Mensch, politischer Mensch, in dem? Sinn, dass ich politisch interessiert bin, politisch aktiv aber war ich nie. Ich bin Beobachter. Das ist vielleicht der wichtigste Teil dieses Kollegiums, aus dem ich bestehe. Ein bewusst lebender Mensch ist immer auch eine Ansammlung von unterschiedlichen Einzelwesen, von Interessen und Berufen.
Ich bin nicht Maler und Zeichner. Ich zeichne und? male nur gern gelegentlich, zu meiner eigenen? Unterhaltung. Dasselbe? gilt für die Musik. Ich bin nicht Komponist. Dazu hab ich zu viel Respekt vor den wirklichen Komponisten. Ich habe? das?? Komponieren? gelernt, schon. Aber auch das ist mehr eine Freizeitbesch?ftigung.“
Tiroler Identit?ten. Herbert Rosendorfer. Verstehen Sie Rosendorfer? Hg. Martin Kolozs. Eine Biographie von Delia Müller. Innsbruck: 2010, S.8)
Neben seinen phantastischen Texten formulierte er aber auch seine Kritik an der Gesellschaft und sah die Zukunft der Menschen und des Planeten eher dunkelgrau, was sich in folgender Aussage sehr gut nachvollziehen l?sst.
?Ich liebe im Gro?en und Ganzen jeden einzelnen Menschen, den ich n?her kennelerne, mit Ausnahmen. Aber die Menschheit insgesamt betrachte ich doch ein bisschen als Ungeziefer, weil sie die Welt, unsere Erde zerst?rt“ (Rosendorfer, Ich beginne, an der Nichtexistenz Gottes zu zweifeln, S.15).
Kritik an der modernen Welt mit ihrem blinden Konsumwahn und ihrer Hektik ist auch ein Thema seines gr??ten Erfolgs, des Romans ?Briefe in die chinesische Vergangenheit“ (1983), in dem die moderne Welt in ihren Paradoxien aus extremer zeitlicher und kultureller Distanz geschildert wird.
Rosendorfer war seit 1990 Honorarprofessor für Bayerische Literaturgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universit?t München -? und laut Berichten zeigten seine Seminare einen umfassend gebildeten Denker. Rosendorfer war auch Mitglied der Bayerischen Akademie der Sch?nen Künste und der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz.
Ministerpr?sident Horst Seehofer beschrieb ihn anl?sslich der Verleihung der Corine für sein Lebenswerk als Dichter mit hohem literarischen Anspruch, gro?em Unterhaltungswert ?und etwas, worauf wir in Bayern besonders gro?en Wert legen, obwohl es nicht immer verstanden wird: einer feinen Ironie“.
Er starb nach langer Krankheit am 20. September 2012 in Bozen.
Unter Verwendung des Wikipedia-Artikels und des Eintrag im KLG - Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, URL: www.nachschlage.NET/document/16000000469 (abgerufen von Universit?tsbibliothek Regensburg am 22.5.2017) Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur - KLG edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag GmbH & Co Beitrag von Dirk Engelhardt (E) und Bruno H. Weder (B). sowie des Nachrufs in der Süddeutschen Zeitung www.sueddeutsche.de/bayern/efolgsautor-herbert-rosendorfer-gestorben-spaete-rueckkehr-in-die-heimat-1.1474012 und des Bandes Herbert Rosendorfer, Ich beginne, an der Nichtexistenz Gottes zu zweifeln. Letzte Gespr?che. Herausgeeben von Julia Rosendorfer und Paul Sahner, 2013 München.Bild aus der wikipedia, fotografiert von Dieter Schn?pf, unter creative commons-Lizenz
Rollen
Personen: ?in der Reihenfolge ihres Auftretens
Carlo Goldoni
Truffaldino, Diener Don Tristanos
Donna Isotta = die Maske Columbina
Smeraldina, Zofe Donna Isottas
Don Tristano = die Maske Arlecchino
Brighella Kurwenal
Capitano
Dottore Melotto, ein Jurist
Don Pantalone, ein reicher Kaufmann
Gotthold Ephraim Lessing
Im Bühnenoff: Pierrot als Inspizient:in
Scaramouche als Tondirektor:in/Leiter:in der Musik
Ein Liebespaar
Zwei hungrige Diener:innen
Einen reichen T?lpel
Eine theaterhungrige vornehmer Dame
Zwei Bühnenarbeiter:innen
Projektion: Pierrot erkl?rt die Commedia dell‘ arte
Auf der Bühne steht ein kleines Stegreiftheater. Sonst ist die Bühne leer bis auf ein paar wahllos verschiedene Stühle vorn links und vorn rechts.?