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Exkursion Polen - Tschechien 2015

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Gruppenfoto im Bus Die Exkursion "Der l?ndliche Raum im post-feudalen und post-sozialistischen Zeitalter: Eine Spurensuche in Polen und Tschechien" unter der?Leitung von Dr. Natali Stegmann und Raffael Parzefall fand von 6. bis 14. Mai 2015 statt.

Die Idee zu dieser Exkursion geht auf eine ?bung zurück, die Natali Stegmann unter Mitarbeit von Raffael Parzefall im Wintersemester 2013/14 unter dem Titel ?Deutsche Besitzungen und deren Enteignung“ gehalten hat. Anlass dafür gab der reiche Aktenbestand zu diesem Thema im Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv, Regensburg. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@e Akten haben wir mit Studierenden durchgesehen, woraus eine Online-Broschüre mit Quelleninterpretationen entstanden ist.

Damals stellten wir uns die Fragen, was mit den einst enteigneten Gütern geschehen ist, wie es dort heute aussehen mag, wie wohl mit dem feudalen Erbe vor Ort umgegangen wird. Die Enteignungen der Zwischenkriegszeit hatten – das war uns schon damals klar geworden – eine national?konomische und teils auch sozialpolitische Sto?richtung; sie waren ein Mittel der Umverteilung. Es ging in der Logik der neu entstandenen Nationalstaaten nicht vorrangig darum, die (unliebsamen) adeligen Gro?grundbesitzer zu enteignen; es ging vor allem darum, deren Land neu zu verteilen und so m?glichst auch für eine Steigerung der landwirtschaftlichen Ertr?ge zu sorgen; die neuen Machthaber verstanden dies als eine Modernisierungsma?nahme.

Reiseroute

Die Reiseroute der Exkursion als PDF-Datei.


Essays

Bericht über ?ód?: Fassaden, Ruinen und Gedenksteine von Ines Lange

Jüdische Spuren in Polen und Tschechien - ein Reisebericht von Felix Eckstein unter Mitarbeit von Johannes Frank

Petr Ku?eras Geschichte von Nové Hrady von Johannes Frank

Ziele in Lu?e: Ko?umberk und die Wallfahrtskriche Mariahilf von Max-Ferdinand R?der

Der l?ndliche Raum in der Tranformationsphase: Polen von Sophia Kirschbaum und Victoria Gleich

Sonntagsbesuch von Xenia Vyhnalek und Melanie Zonderman


Gedichte von Johannes Frank

?eské He?manice

Kórnik

Kórnik II

Ko?umberk

Wroc?aw

Wroc?aw, Peter und Paul

Wroc?aw, Pieta

Zugfahrt

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Der l?ndliche Raum im post-feudalen und post-sozialistischen Zeitalter: Eine Spurensuche in Polen und Tschechien

von Natali Stegmann und Raffael Parzefall

Die Idee zu dieser Exkursion geht auf eine ?bung zurück, die Natali Stegmann unter Mitarbeit von Raffael Parzefall im Wintersemester 2013/14 unter dem Titel ?Deutsche Besitzungen und deren Enteignung“ gehalten hat. Anlass dafür gab der reiche Aktenbestand zu diesem Thema im Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv, Regensburg. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@e Akten haben wir mit Studierenden durchgesehen, woraus eine Online-Broschüre mit Quelleninterpretationen entstanden ist.[1]? Damals stellten wir uns die Fragen, was mit den einst enteigneten Gütern geschehen ist, wie es dort heute aussehen mag, wie wohl mit dem feudalen Erbe vor Ort umgegangen wird. Die Enteignungen der Zwischenkriegszeit hatten – das war uns schon damals klar geworden – eine national?konomische und teils auch sozialpolitische Sto?richtung; sie waren ein Mittel der Umverteilung. Es ging in der Logik der neu entstandenen Nationalstaaten nicht vorrangig darum die (unliebsamen) adeligen Gro?grundbesitzer zu enteignen; es ging vor allem darum, deren Land neu zu verteilen und so m?glichst auch für eine Steigerung der landwirtschaftlichen Ertr?ge zu sorgen; die neuen Machthaber verstanden dies als eine Modernisierungsma?nahme.

UnterwegsWenn wir nun heute mit den genannten Fragen im Kopf dort hinfahren, so stehen zwischen unserem Befund und dem Ist-Zustand mehrere weitere Regimewechsel, die ebenfalls mit Ver?nderungen der Besitzverh?ltnisse einhergingen und das Sozialgefüge je auf ihre Art pr?gten; zuletzt der ?bergang vom Sozialismus zur Marktwirtschaft. Demnach richtet sich der Blick auf weitere Zusammenh?nge, n?mlich auf den Einfluss der sp?teren Eingriffe in die Eigentumsstruktur und nach dem Umgang mit dem Erbe insbesondere des Sozialismus. Hier liegen mehrere Schichten historischer Ver?nderungen übereinander, und die Vergangenheit kann uns in ganz unterschiedlicher Gestalt gegenüber treten, als Erz?hlung, als Geb?ude, als Denkmal oder in Form einer Landschaft.

Uns interessieren daher nicht so sehr die vormaligen Besitzer und schon gar nicht deren vermeintliche Ansprüche, vielmehr geht es uns um den auf die Zukunft gerichteten Aspekt der Enteignungen und in der Erweiterung dessen um die Frage nach den sozialen Implikationen der fraglichen Vorg?nge, nach den Alltagspraktiken und nach der Gedenkkultur. Im Mittelpunkt der ?bung stand daher ganz allgemein gefasst die Frage der Enteignung und Aneignungen von Grundbesitz im 20. Jahrhundert. Eigentumswechsel fanden dabei nach dem Ersten Weltkrieg, w?hrend des Zweiten Weltkriegs, nach dem Zweiten Weltkrieg und nach 1989 statt. Vor diesem Hintergrund wollten wir nachverfolgen, wie durch die mit den Regimewechseln verbundenen Ver?nderungen in den Besitzverh?ltnissen der st?dtische und insbesondere der l?ndliche Raum sowie die Sozialordnung ver?ndert wurden. Vor Ort sollte gekl?rt werden, ob und welche Spuren die feudalen und sozialistischen Besitzstrukturen (wie z.B. Gutsh?fe, landwirtschaftliche Kollektive) hinterlassen haben. Vor allem stand der heutige Umgang mit den ?berresten und Erinnerung an die Ordnung der vergangenen Regime und die damit verbundenen Ver?nderungen im Fokus.

Die ?Spurensuche“ führte zun?chst an unsere Partneruniversit?t nach ?ód?, um dort mit Studierenden und Lehrenden der Regionalgeschichte, der Agrarsoziologie sowie der Politikwissenschaft zu Workshops, Vortr?gen und Diskussionen zusammenzukommen und die Stadt mit ihrer industriellen und multinationalen Vergangenheit unter den genannten Gesichtspunkten zu erkunden. Anschlie?end unternahmen wir eine eint?gigen ?berlandfahrt mit dem Minibus der Uniwersytet ?ódzki über die Orte Poznań, Kórnik sowie Krotoszyn in Gro?polen nach Wroc?aw. Der Aufenthalt in B?hmen, der letzte Etappe der Exkursion, diente dazu in einem anderen Umfeld denselben Fragen nachzugehen, wobei wir dort noch mehr Gelegenheit hatten, die Stadt und Umgebung in ihren vielschichtigen Bezügen zu erfahren. Schon die Bahnreise nach Litomy?l sowie die Unterbringung im dortigen Schlosskomplex - seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe und ehemals im Besitz der Fürsten Thurn und Taxis – gaben uns einen Eindruck von der Nutzung der land- und forstwirtschaftlichen Fl?chen sowie der baulichen ??berreste“. Schlie?lich konnten wir unseren Blick bei Tagesausflügen in die Orte Nové Hrady, Ko?umberk und Lu?e sowie im Rahmen einer ?Feldforschung’ in den beiden ehemaligen Meierh?fe und heutigen D?rfer Tisová und ?eské He?manice weiter sch?rfen.

Regionalverkehr

Eine der Ideen dieser Exkursion war es, dorthin zu fahren, wo die Geschichte noch nicht für den Besucher aufgearbeitet wurde, eben auf das Land. Sehr schnell wurde jedoch klar, dass eine studentische Exkursion nicht dorthin führen kann, wo es nicht ein Mindestma? an (touristischer) Infrastruktur gibt. Zumindest nicht, solange sie nicht eine Grabung oder tats?chlich eine (kulturanthropologische) Feldforschung bezweckt (und beides würde sehr viel mehr Zeit in Anspruch als wir hatten). So ergab es sich aus den Bedingungen des Reises selbst, dass wir in St?dten übernachteten und von dort mit dem Minibus oder mit der Regionalbahn weg- oder weiterfuhren. Auf diese Art wurde auch das Reisen an sich zu einer wichtigen Erfahrung, sei es per Bus, per Bahn oder zu Fu?.

Mittwoch, 6. Mai

Nach der Anreise per Flugzeug nahm uns Frau Agnieszka ?ukawska als Vertreterin der Universit?t ?ód? in Empfang und es erfolgte anschlie?end der Transfer zum Hostel ?Szkolne Schronisko M?odzie?owe“. Bei einer ersten Erkundung der Stadt ?ód?, die von Dawid Saj, Student an der Fakult?t für Wirtschaft und Soziologie, organisiert wurde, zeigten sich bereits die Relikte ihrer industriellen Vergangenheit [Essay Lange]. Als Beispiel für eine gelungene Umnutzung einer ehemaligen Textilfabrik wurde das heutige Einkaufszentrum ?Manufaktura“ besucht. Am Abend hielten wir eine Seminareinheit im Hostel ab.

Foto 1 _lodz. Ogrodowa.jpeg?ód? kosciol

?ód?, Ul. Ogrodowa und ?ód? kosciol sw. Jozefa

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Donnerstag, 7. Mai

Foto 3 Begr _ _ung Durch Prof. Wysoinka _links .jpegZu Beginn des ersten Tages begrü?te zun?chst die Vize-Dekanin der Fakult?t für Wirtschaft und Soziologie Dr. hab. Jolanta Grotowska-Leder sowie die Prorektorin Prof. Dr. Zofia Wysokińska? der Universit?t ?ód? (Prorektor ds. wspó?pracy z zagranic? U?) die Gruppe der Uni Regensburg. Anschlie?end referierten Dr. Katarzyna Zajda und Dr. Andrzej Pilichowski, beide von der Fakult?t für l?ndliche und urbane Soziologie (Katedra Socjologii Wsi i Miasta) über "Land ownership and social structure of rural areas in the process of transformation". Sie betonten und erkl?rten vor allem die heterogene Entwicklung des l?ndlichen Raums in Polen und verwiesen hierbei auf die unterschiedlichen Besitzverh?ltnisse [Essay Kirschbaum, Gleich], die – wie sich dabei zeigte – gro?enteils aus den historischen Gegebenheiten resultieren. In einem zweiten Vortrag an diesem Tag sprach Prof. Dr. Jerzy Krzyszkowski von der Fakult?t für Arbeits- und Sozialpolitik (Katedra Pracy i Polityki Spo?ecznej) zum Thema "Social and Professional Situation of Rural Women in Poland". Er stellte fest, dass im l?ndlichen Bereich, besonders in der kommunalen Verwaltung, Frauen immer h?ufiger einflussreiche und zuvor von M?nnern dominierte Positionen einnehmen. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@es Engagement begünstige die weitere Entwicklung der l?ndlichen Region.

Agnieszka UcinskaIm Anschluss zeigte uns Agnieszka ?ukawska – nachdem wir nach dem ehemaligen Ghetto Litzmannstadt gefragt hatten – auf einer spontanen Rundfahrt den ?Park der ?berlebenden“ (Park Ocala?ych), das ?Dialog-Zentrum Marek Edelmann“[2] sowie das Denkmal zum Andenken an das Martyrium der Kinder (Pomnik Martyrologii Dzieci) am Ort des Kinder-Ghettos, das wie sie uns erkl?rte, das gebrochene Herz einer Mutter darstellt. Abends besprachen wir wiederum die Vortr?ge und bereiteten den n?chsten Tag vor [Essay Lange und? Essay Frank, Eckstein].

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Freitag, 8. Mai

Gruppenfoto LodzAm zweiten Tag führte Prof. Krzysztof Wo?niak vom Institut für Geschichte (Instytut Historii) mit seinem Vortrag ??ód?. Eine Stadt - vier Kulturen“ in die vielschichtige Stadtgeschichte ein, indem er das ?synergetische“ Zusammenleben der Menschen jüdischer, deutscher, russischer und polnischer Herkunft in der Stadt analysierte. Der wirtschaftliche Aufschwung, vor allem im Bereich der Textilwirtschaft – ?ód? galt als ?Manchester der Ostens“ – ist auf diese Kooperation innerhalb der Bev?lkerung zurückzuführen.

Teilnehmer Innen Des WorkshopsEin überaus aktuelles Thema stand im Mittelpunkt des Workshops am Nachmittag. Unter der Leitung von Frau Dr. Anna Patecka-Frauenfelder von der Fakult?t für internationale und politische Studien (Katedra Badań Niemcoznawczych) besch?ftigte sich die Gruppe zusammen mit polnischen Studenten mit der ?(Ohn)macht der Stereotype (Deutsche und Polen) angesichts des Konflikts in der Ukraine.“ Eine m?gliche milit?rische Pr?senz sowie eine entschiedenere Politik Deutschlands waren die Forderungen, die sich in der polnischen Bev?lkerung derzeit ausmachen lassen.

In einer abschlie?enden Tour, die von der Fotografin Agnieszka Ucińska geleitet wurde, besuchten wir Teile des jüdischen Ghettos Litzmannstadt [Essay Frank, Eckstein], den Standort des ehemaligen Synagoge von ?ód?, die Holocaust-Gedenkst?tte auf dem Gel?nde des Bahnhofs Radegast, fuhren beim den jüdischen Friedhof vorbei [Essay Frank, Eckstein] und schlie?lich verschiedene ehemalige Fabrikgel?nde und die dazugeh?rigen Villen der Besitzer, die heute entweder eine moderne Nutzung erfahren oder verfallen. Erneut wurde am Abend in einer Seminar-Sitzung das absolvierte Tagesprogramm nachbereitet [Essay Lange].

Samstag, 9. Mai

Auf dem Weg von ?ód? nach Wroc?aw fuhren wir mit dem Minibus über Poznań, Kórnik und Krotoszyn. In Poznań war das Stadtzentrum das Ziel, wogegen wir in Kórnik das neogotische Schloss samt Arboretum besuchten, das 1924 vom damaligen Besitzer dem polnischen Volk vermacht worden ist und heute ein Museum und die 1826 von Titus Dzia?yński begründete Bibliothek beherbergt.[3]

KornikKrotoszyn

Kórnik und Krotoszyn

Kórnik stellt eine perfekte romantische Umgebung dar. Daher soll an dieser Stelle auf die Exkursionsgesichte von Johannes Frank hingewiesen werden [Gedichte Frank]. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@e bilden ebenso wie auch die Fotos, die gr??tenteils von Ines Lange sind, unsere Exkursion auf einer zweiten und dritten Ebene ab.

In Krotoszyn begaben wir uns auf die Suche nach Spuren von feudalen Besitzstrukturen, besa? doch das Haus Thurn und Taxis bis zur polnischen Bodenreform in der Zwischenkriegszeit dort gro?en Grundbesitz. Vereinzelt lassen sich Hinweise auf die vor allem landwirtschaftliche Nutzung finden; die Stadt selbst offenbart jedoch auf den ersten Blick nichts von der feudalen Vergangenheit.

Im Anschluss fuhr die Gruppe weiter nach Wroc?aw, wo wir am Abend im Hostel eintrafen und uns sogleich zu einer ersten Erkundung der Stadt aufmachten.

Sonntag, 10. Mai

Der Tag stand den Teilnehmern für ein frei gestaltetes eigenes Programm zur Verfügung, das sie nach M?glichkeit dokumentieren sollten. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@ ist nur zum Teil gelungen, war doch der Vorabend ein Samstag, den einige für ein entsprechendes Nachtprogramm genutzt hatten. So erkundeten einige von uns Wroc?aw [Essay Frank, Eckstein] und zwei bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@nen die Umgebung [Essay Zonderman, Vyhnalek].

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Montag, 11. Mai

Gleise nach MiedzylesieRaps In Polen

Miedzylesie und Raps in Polen

Das n?chste Ziel der Exkursion war Litomy?l in B?hmen; so fuhren wir mit der Regionalbahn von Wroc?aw südlich über K?odzko, ?stí nad Orlicí und Choceň nach Litomy?l. Unterwegs fielen die weitl?ufigen und h?ufig mit Raps bepflanzten landwirtschaftlichen Fl?chen auf, sodass von einer intensiven Nutzung ausgegangen werden kann. Hier konnte man die stadtnahen D?rfer, die in den letzten Jahrzehnten Gegenstand konsumorientierter Lebensentwürfe geworden sind [Essay Kirschbaum, Gleich] sowie die Mischung aus Modernisierung und Zerfall in den D?rfern auf der Strecke erkennen.

Litomysl Hostel Blick Auf Schloss

Die Gruppe war im ?Evropské ?kolicí centrum“ untergebracht, das sich im ehemaligen Brauhaus des Schlosskomplexes Litomy?l befindet. Die Herrschaft Litomy?l, der Schlosskomplex und die dazugeh?rigen land- und forstwirtschaftlichen Fl?chen samt Geb?uden, war im Jahr 1855 von den Fürsten Thurn und Taxis im Wege einer Versteigerung erworben und neben dem Komplex in Chotě?ov und den Besitzungen in Chroustovice, P?edhradí (bis 1950 Rychmburk) sowie Ko?umberk zu einem weiteren Besitzkomplex mit ann?hernd 7000 ha ausgebaut worden. In der Mauer, die den Schlosspark umgibt, steht noch eine Statue des St. Clementis, im Jahr 1878 von Fürst Maximilian Maria von Thurn und Taxis gestiftet. Im Zuge der tschechoslowakischen Bodenreformen in der Zwischenkriegszeit sowie nach 1945 wurde das Haus Thurn und Taxis enteignet, daher war eine ?Spurensuche“ vor Ort vielversprechend.

Das Schloss von Litomysl mit dem Denkmal von Thurn und Taxis.

Das Schloss von Litomy?l mit dem Denkmal von Thurn und Taxis

Dienstag, 12. Mai

Nove HradyAn diesem Tag sollten die Spuren feudaler oder sozialistischer Besitzstrukturen in der Umgebung von Litomy?l erforscht werden. Die Erkundungstour wurde von Vladislav Kryl, sp?ter zusammen mit seiner Frau Dana Christianová, geleitet, die beide Restauratoren für Steinarbeiten sind. Als erste Etappe erreichten wir Nové Hrady, das wegen seines Parks auch ?b?hmische Versailles“ genannt wird.[4] Die heutigen Besitzer, Petr Ku?era und seine Frau Magda, kauften im Zuge der Privatisierung in den neunziger Jahren dieses Rokokoschloss, das die Vorbesitzer kurz zuvor durch die Restitution erhalten hatten, und renovierten es [Essay Frank].

Gruppenfoto Burg KosumberkIn Ko?umberk, dem n?chsten Ziel der Erkundung, existiert heute noch ein Burgkomplex, dessen dazugeh?rige land- und forstwirtschaftliche Nutzfl?chen damals einen Teil der Thurn und Taxis`schen Besitzungen in dieser Gegend ausmachten und gleichzeitig als ehemaliger Verwaltungssitz diente. Die Verbindung zum fürstlichen Haus als vergangener Gro?grundbesitzer ist heute noch evident. Als letztes wurde der in Sichtweite zu Ko?umberk gelegene Ort Lu?e erkundet.

Neben der Wallfahrtskirche ?Kirche der Jungfrau Maria“ [Essay R?der] fanden sich dort Spuren jüdischen Lebens, sowohl in Form einer zumindest als Geb?ude erhaltenen Synagoge als auch eines au?erhalb der Ortes gelegenen jüdischen Friedhofs [Essay Frank, Eckstein]. Um die Eindrücke des Tages zu besprechen, fand am frühen Abend eine Seminarsitzung im Stadtpark von Litomy?l, hinter der Piaristenkirche ?Auffindung des hl. Kreuzes“, statt.

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Mittwoch, 13. Mai

Der Vormittag war zur freien Verfügung und somit bot sich den Teilnehmern die M?glichkeit zur Besichtigung von verschiedenen Sehenswürdigkeiten in Litomy?l. So konnte man das Schloss selbst, den historischen Markplatz mit H?usern im Renaissance- und Barockstil oder die ?Pfarrkirche der Heiligen Kreuzerh?hung“ besuchen. Zudem wurde ein ans?ssiges Antiquit?tengesch?ft zum Zielpunkt einiger Teilnehmer. Am Nachmittag stand ‘Feldforschung’ auf dem Programm und die Gruppe erkundete zu Fu? und mit dem ?ffentlichen Bus die beiden ehemaligen Meierh?fe und heutigen D?rfer Tisová und ?eské He?manice. Beide geh?rten zum land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz der Herrschaft Litomy?l und umfassten zusammen rund 260 ha Fl?che. Es fanden sich vereinzelt Geb?ude, die auf eine ?ltere Nutzung als landwirtschaftliche H?fe hindeuteten. Zudem bildeten die heute noch existierenden weitl?ufigen und zusammenh?ngenden landwirtschaftlichen Nutzfl?chen eine ideale Basis für eine damals bereits intensiv betriebene Landwirtschaft.

Diashow Tisova: siehe unten

Die forstwirtschaftlichen Nutzfl?chen, aber auch die im 19. Jahrhundert angelegten Fischteiche in der Umgebung, sind noch vorhanden, auch wenn sich ihre Gr??e insgesamt verringert hat. Die Relikte der feudalen Besitzstruktur, wie Gutsh?fe oder Nutzfl?chen, waren in den beiden Orten noch klar erkennbar und wurden zum gr??ten Teil auch noch als solche genutzt.

Diashow Ceske Hermanice: siehe unten

Donnerstag, 14. Mai

Die ?Spurensuche“ endete in Litomy?l respektive B?hmen. Die Rückfahrt von Litomy?l nach Regensburg erfolgte über Prag und Nürnberg.

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Nachlese

Die zuvor erw?hnte fortgesetzte Nutzung der landwirtschaftlichen Fl?chen weist trotz der Regime- und Eigentumswechsel auf Kontinuit?t hin. Die vergangene Zeit macht sich in den von uns besuchten b?hmischen D?rfern nur am Alter der Geb?ude bemerkbar. Dass diese noch stehen, zeugt ebenfalls von einer erstaunlichen Beharrungskraft der vormals angelegten agrarischen Strukturen. Bauern haben hier offenbar best?ndig Ertr?ge erwirtschaftet, sei es auf eigene Rechnung, in Rahmen kollektivierter Landwirtschaft oder im Zuge der Re-Privatisierung. Das weist auf eine konstruktive Nutzung hin; die Destruktionen des 20. Jahrhunderts sind dort nicht ohne weiteres erkennbar. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@ deckt sich – nun wiederum im polnischen Fall – mit dem Befund der vormals erw?hnten Kollegen aus der Agrarsoziologie, die darauf hingewiesen hatten, dass der ehemalige Gro?grundbesitz in Nord- und Westpolen nach wie vor extensiv landwirtschaftlich genutzt wird und zu den produktivsten Fl?chen z?hlt; es waren dies auch die Regionen, in welchen die wenigen Kollektivwirtschaften Polens errichtet worden waren. Es ist dem Pragmatismus geschuldet, dass wir auf unserer Exkursion nicht die ost- und südpolnischen Landschaften besucht haben, die nicht nur ganz anders aussehen, sondern auch eine v?llig andere Sozialstruktur aufweisen [Essay Kirschbaum, Gleich].

Der krasseste Gegensatz zu unserer Landpartie am letzten Tag war sicher die Stadt ?ód?. Hier sind die Spuren der Regimewechsel und deren sozialen Folgen an jeder Ecke sichtbar und es geh?rt zum Charakter der Stadt, dass mit Kontrasten gespielt wird. [Essay Lange]

bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@ betrifft nicht nur den Kontrast zwischen der ehemaligen Nutzung als Industriestadt und den heutigen Versuchen, auf deren Ruinen eine Kreativszene zu etablieren und Konsumlandschaften zu errichten. Die Stadt war vielmehr seit ihrer rasenden Expansion im 20. Jahrhundert insbesondere von sozialen Gegens?tzen gepr?gt. Gegens?tze und Brüche pr?gen das Selbstbild auch der Stadtbewohner, zumindest der Intellektuellen. Prim?rer Referenzpunkt dieser Identit?tskonstruktion ist W?adys?aw Reymonds Roman ?Ziemia obiecana“ (Das gelobte Land, Erstver?ffentlichung 1899) und dessen 1974 realisierte Verfilmung von Andrzej Wajda mit den starken Bildern eines brutalen Kapitalismus, des Mit- und Nebeneinanders von Menschen verschiedener sozialer und nationaler Herkunft. Die Helden dieses Films sind drei junge M?nner, eine Pole, ein Jude und ein Deutscher, die grandios bei dem Versuch scheitern, mit der Gründung einer eigenen Fabrik reich zu werden und in dieser Eigenschaft als ?Lodzermensch“ in Szene gesetzt werden. Und tats?chlich wurden uns der Film und die Idee des Lodzermensch von mehreren Professoren der Universit?t ?ód? als Mittel eines besseren Verst?ndnis der Stadt und ihrer Menschen nahe gebracht; einige stellten sich sogar selbst als Lodzermenschen vor. Auch Brüche und Kontraste k?nnen auf diese Art Orientierung bilden und als Stützen eines lokalen Identit?tskonstrukts dienen.

?ód? war eine Stadt mit einer gro?en jüdischen Bev?lkerung. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert bildete die jüdische einen wesentlich Teil der Stadtbev?lkerung vor allem als Fabrikanten. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@ ist in der Wahrnehmung seither stets pr?sent geblieben. Das Andenken an das in ?ód? errichtete Ghetto wird damit jedoch nicht sofort in Verbindung gebracht, und dies weist auf das komplizierte Verh?ltnis von lokaler Identit?t und internationaler Gedenkkultur. Die von uns besuchten Orte des Gedenkens sind zu einem gro?en Teil erst in den letzten 20 Jahren entstanden und dies in enger Zusammenarbeit mit den ?berlebenden und mit Hilfe internationaler Spenden. Selbstverst?ndlich wusste die Bev?lkerung der Stadt auch in der Zwischenzeit um die Existenz des Ghettos; dies war aber Teil der Besatzungsgeschichte, einer Vereinnahmung durch Fremde; die dort zusammengepferchten Juden kamen aus ganz Europa. So blieb das ehemalige Ghetto nach dem Ende der Besatzungsherrschaft lange Zeit eine Brachfl?che in der Stadt, welche im Sozialismus nicht mehr wuchs und nicht mehr zu ihrer alten Bedeutung zurück fand. Erst neuerdings wird ?ód? auch zu einem Ort in der internationalen Gedenkkultur an die deutschen Verbrechen und den Holocaust. Die Geschichte von Enteignungen und Aneignungen im 20. Jahrhundert schlie?t die Entrechtung der Juden ein, eine Entrechtung, die heute allgemein als Vorstufe der Vernichtung gilt. Daher sind diese Enteignungs- und Aneignungsprozesse Bestandteil der Aufarbeitung dieses Verbrechens und Gegenstand der Wiedergutmachungsbemühungen, etwa im Zuge der Restitution. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@ ist die eine Ebene der vormals erw?hnten Komplexit?t. Darüber hinaus impliziert die Gedenkkultur meist auch ein Stück weit Trauerarbeit und diese kann sich sehr unterschiedlich ?u?ern. Auch wenn das jüdische Erbe in der Region nicht im Zentrum unseres Interesses stand, so war es auch durch die Nachfrage der Studierenden stets pr?sent. Man kann sagen, die Gedenkkultur funktioniert; und doch funktioniert sie ganz anders als die anderen Zeugen der Vergangenheit, die uns auf unserer Reise begegnet sind. Denn sie verweist auf einen brutalen Bruch und einen unwiederbringlichen Verlust.

Da diese Wahrnehmung im deutschen Kontext so dominant ist, f?llt erst auf den zweiten Blick auf, dass das Gedenken an die Juden in aller Regel auch ein postsozialistisches Gedenken ist. Denn der Sozialismus stellt in der post-sozialistischen Betrachtungsweise oftmals als ein zweites destruktives Element in der Geschichte dar. So verweist etwa am Ort der Synagoge von Litomy?l eine Gedenktafel auf die Zerst?rung durch die Nationalsozialisten und die endgültige Preishabe durch die Kommunisten; Vladislav Kryl sagte uns über die Synagoge in Lu?e ebenfalls, sie sei von den Kommunisten dem Zerfall preisgegeben worden. Seine Arbeit als Restarator stellt sich dabei auch als eine Anknüpfung an die vorsozialistische Zeit, als eine Wiederherstellung dar, im Zuge deren das Erbe des Sozialismus verschwindet. Damit wird implizit der Sozialismus in der gleichen Art wie der Nationalsozialismus als eine Zeit der Destruktion pr?sentiert, und die Gegenwart positiv von beidem abgegrenzt. bwin娱乐_bwin娱乐官网欢迎您@e Darstellung ist international anschlussf?hig; dabei betrifft sich nicht nur das jüdische Erbe (auch unser Hostel in Litomy?l wurde mit EU-Geldern restauriert); hier wird aber die entsprechende Metaerz?hlung besonders deutlich. Reisen kann dabei auch dazu dienen, unter einer Oberfl?che eine zweite Ebene zumindest zu erahnen. Und diese zweite Ebene w?re in unserem Fall die Vorgeschichte und der frühere Umgang mit dem Vorgefundenen.

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  1. Fakult?t für Philosophie, Kunst-, Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften
  2. Institut für Geschichte

Lehrstuhl für Geschichte Südost- und Osteuropas

 

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